„Leiden Sie unter Liebesaufmerksamkeitsstörung?“ – auf beziehungsweise-magazin.de

LADS – das neue „Beziehungsunfähig“? Ständig von Liebschaft zu Liebschaft zu springen, ist nicht nur für die wechselnden Lover unangenehm, sondern auch für den LADS-Betroffenen. Hat schon einmal jemand daran gedacht, dass es keinen sonderlichen Spaß macht, das Interesse nicht halten zu können? Mehr dazu gibt es auf beziehungsweise-Magazin.de

Leiden Sie unter Liebesaufmerksamkeitsstörung?

Wir sind Puzzleteile, die zusammen kein Bild mehr ergeben

Durch die Liebe möchten wir uns vervollständigen. Wir möchten das passende Teilchen finden, welches uns ergänzt. Doch das ist keine leichte Aufgabe.

Erinnert ihr euch noch an das Gefühl, in einem schier unlösbaren Puzzle ein passendes Paar zu finden? Hunderte blaue Teilchen, die irgendwann einen Himmel ergeben sollten, können einen schnell zur Verzweiflung bringen. Jedes einzelne Teil wird mit den Anderen kombiniert, aber irgendwie passt nichts zusammen. Wir Menschen tun beim Dating im Grunde nichts anderes. Testen, ob wir zueinander passen. Trotzdem immer mehr Teilchen getestet werden, bleiben wir doch allein. Einsamkeit ist die Krankheit des 21. Jahrhunderts. Aber warum? Wir passen nicht mehr zueinander. Das, was uns Menschen verband, scheint mehr und mehr zu schwinden. Wie in einem Puzzle sollten sich zwei Menschen finden, feststellen dass ihre Einkerbungen aufeinander abgestimmt waren, und zusammen ein Bild ergeben. Das klappt nicht mehr.  Unsere Einkerbungen werden immer individueller. Was früher ein paar Ecken und Kanten waren, gleicht heute einem kunstvollen Gebilde. Wie soll man noch jemanden finden, der sich zumindest ansatzweise in unser persönliches Puzzle einfügt, wenn wir schon selbst nicht mehr erkennen, welches Bild am Ende aus uns werden soll? Wie man es dreht und wendet, irgendeine Ecke steht immer über.

Zusammenkleben erzeugt nur Sollbruchstellen

Die Möglichkeiten, die uns diese moderne Welt bietet, sind wie ein Fluch für die Liebe. Auslandsaufenthalte, aufregende Jobs und zahlreichen Wege die uns offen stehen, schleifen breite Furchen in die früher noch glatte Oberfläche unseres Puzzlestücks. Wir sind einzigartige Kunstwerke, die nebeneinander irgendwie komisch aussehen. Jeder steht für sich. Jeder steht allein und sieht dabei auch noch gut aus. Eine Gesellschaft voller Individualisten mag zwar aufregend und modern wirken, aber dort findet niemand zueinander. Man kann zwar versuchen die einzelnen Teilchen zusammenzukleben, aber die dadurch entstehenden Sollbruchstellen machen es nur zu einer Frage der Zeit, bis die künstlich hergestellte Verbindung zerbricht. Jede darauf folgende Trennung reißt eine weitere kleine Ecke aus unserer sowieso schon unebenen Umrandung. Wir werden zackig und verwandeln uns irgendwann in sternförmige Teilchen, die ein sich näherndes Objekt eher erstechen, als mit ihm eine Einheit bilden zu können. Am Ende kommt genau das dabei raus, was wir jeden Tag um uns herum sehen können: Kaputte Puzzleteile, denen die Verbindungsstellen zu ihrem Gegenstück fehlen.

„Jemanden rund machen“ bekommt eine neue Bedeutung

Wie bekommen wir unsere Ecken und Kanten, die liebesunfreundliche Umrandung wieder rund? Reibung ist hier das Stichwort. Wie Sandpapier sollten wir uns aneinander aufreiben. Die Auseinandersetzung mit den Furchen und Spitzen unseres Umfeldes sorgen dafür, dass nach und nach, mit jedem sich einlassen, ein kleines Stück der Ecken verschwindet. Da bekommt „jemanden rund machen“ gleich eine viel positivere Bedeutung. Wir finden nicht zusammen, wenn wir uns weiter voneinander entfernen. Konfrontation, sich aufeinander zuzubewegen ist das, was es braucht.

Leidest du unter LADS? – Mach den Test

LADS – Das Liebesaufmerksamkeitsdefizit-Syndrom verbreitet sich gerade wie eine Erkältung.

Ständig höre ich, dass die neue Ausprägung der Beziehungsunfähigkeit zum Trend mutiert. Hat es euch auch schon erwischt? Macht den Test 🙂 Ich glaube, ich schaffe mir bald einen großen „Diagnose:LADS“-Stempel an, und klatsche ihn jedem Menschen auf die Stirn, der sich dafür qualifiziert.

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„Die Liebe begeht Fahrerflucht“ – auf beziehungsweise-magazin.de

Ich habe mich ja schon immer mal gefragt, was für ein Auto ich wäre. Nicht. Doch irgendwie hat sich der Vergleich zwischen mir und einem Polo schlüssig angehört. Etwas in die Jahre gekommen und mit zu hohem Spritverbrauch. Tja, die Liebe ist manchmal wie ein Autounfall. Wir knallen aufeinander und wundern uns dann, dass der andere verbeult ist.

Die Liebe begeht Fahrerflucht

Keine Medizin, nur ein Placebo – ein Brief an Michael Nast

„Generation Beziehungsunfähig“ war einer der erfolgreichsten Buchtitel des Jahres 2016. Er sollte aufzeigen, warum es für die Generationen Y und Z so schwierig erscheint, feste Bindungen einzugehen. Ob das funktioniert hat?

Lieber Michael,

mehrere Wochen Bestsellerliste, über eine Million Zugriffe auf den Text „Generation Beziehungsunfähig“. Was vor einigen Monaten nur hinter vorgehaltener Hand vermutet wurde, ist nun kein Geheimnis mehr: Wir bekommen das mit der Liebe anscheinend einfach nicht hin. Du erwartest jetzt sicherlich, dass ich mit großem Tamtam widerspreche und ein Loblied auf Schmetterlinge im Bauch anstimme. Doch da muss ich dich leider enttäuschen. Auch wenn Millionen die Diagnose „Beziehungsunfähig“ breitwillig angenommen haben, hat sich nichts geändert. Die Krankheit breitet sich eher aus, als dass sie eingedämmt werden konnte. Naja, vielleicht ist doch etwas passiert. Jetzt wird sich bei aussichtslosen Dates nicht mehr über Hobbys unterhalten, sondern über den persönlichen Schweregrad der Unfähigkeitserkrankung. „Ich hatte das ja schon, bevor es der Herr Nast erfunden hat.“, höre ich die ganzen tinder-Singles sagen. Eigentlich gar nicht so schlecht, sich einfach einen Stempel aufzudrücken, der als Ausrede für alles gilt. Entschuldigt bitte, ich kann nichts dafür. Beziehungsunfähigkeit ist die neue Laktoseintoleranz. Die hatten auch erst so viele, als sie plötzlich populär wurde.

Ein Buch als Medizin für chronische Liebesunverträglichkeit?

Ich erinnere mich gerne an den Moment, als wir uns das erste Mal begegneten. Du noch eher underground, ich komplett im tinder-Sumpf versunken. Wir unterhielten uns über prollige Profilfotos, die dir so fremd erschienen. Das ist nun zwei Jahre her. Dazwischen liegen bei mir viele, viele gute und schlechte Dates, und bei dir vermutlich viele, viele Heiratsanträge, Interviewanfragen und leergeschriebene Signierstifte.  Wie sehr habe ich gehofft, dass deine Diagnose die Heilung beschleunigt. Wenn ich erst einmal weiß woran ich leide, kann ich im Normalfall schließlich einfach in die Apotheke gehen, mir eine Pille einschmeißen, und gut ist. Das dachten wahrscheinlich auch die Leser von „Generation Beziehungsunfähig“. Ein magisches Buch, dessen Zeilen irgendeine Hirnwindung ansteuern, diese wieder gerade rücken, und zu einem statistisch signifikanten Anstieg der Heirats- und Geburtenrate führen würden.

„Kann Spuren von Liebe enthalten“

Ich bin ernüchtert. Mein beziehungsunfähiges Umfeld schlägt sich weiterhin die Nächte um die Ohren und ertränkt die Einsamkeit in zu viel Alkohol. Genauer betrachtet ist es sogar noch schlimmer geworden. Das Beunruhigende daran ist: sie fühlen sich, zumindest oberflächlich gesehen, wohl damit. Genauso wie sich einige Menschen über verschiedene Nahrungsmittelunverträglichkeiten definieren, scheinen sich viele auch in ihrer Beziehungsunfähigkeit gemütlich einzurichten. „Liebesunverträglichkeit“ ist anscheinend zum Trend geworden. Nur eine Frage der Zeit, bis in den Läden anstatt „mit Liebe gekocht“, “ Liebe-freie“- Produkte zu kaufen sind. „Kann Spuren von Liebe enthalten“, führt zu angeekelten Gesichtern vor dem Supermarktregal. Meine Single-Freunde werden mir nickend zustimmen wenn ich behaupte, dass allein kleine Spuren von Liebe dazu führen, dass die mit Gefühlen bedachte Person allergisch reagiert. Es fehlt nur noch, dass zukünftige Liebeleien während einer Liebeserklärung schnell in die Tasche greifen, „Generation Beziehungsunfähig“ herausholen und mit erhobenem Zeigefinger anmerken, dass sie so viele Gefühle nicht vertragen würden. „Ich bin beziehungsunfähig, das weißt du doch.“. Also jegliche Spuren von Liebe entfernen, um keinen allergischen Schock zu riskieren.

Ich will mehr love in the air

Wie soll das nur weitergehen? Müssen wir uns irgendwann an Beziehungen gewöhnen, die mit einem „Frei von Liebe“-Gütesiegel ausgezeichnet sind? Das ist doch alles Bockmist. Lass uns die Beziehungsunfähigen doch einfach aus ihrer eingebildeten, chronischen Krankheit herauszerren. Du nimmst die Arme, ich die Beine, und dann ab ins Loveboat mit den Patienten. Wenn es sein muss, beschmeiße ich die Zuschauer deiner Lesungen auch mit Herzchen-Konfetti. Es braucht endlich eine Medizin, denn „Generation Beziehungsunfähig“ ist leider nur ein Placebo. Lieber Michael, bitte lass mich nach zwei weiteren Jahren zurückblicken und sagen: Da hat sich was getan, da ist mehr love in the air.