„Benching“? Ich bin dann mal eine Option!

Benching„, da neue Stern am Dating-Himmel. Was so nett klingt, ist leider eine Unart, die sich gleich hinter dem Ghosting einreiht.

Ich werde echt alt! Woran merke ich das? Neue Trendbegriffe kommen bei mir anscheinend immer als letztes an. Gut dass ich meinen lieben Chefredakteur Eric habe (viele Grüße an dieser Stelle), der in einem Text ein neues Datingphänomen beschreibt. Habt ihr schon einmal etwas von „Benching“ gehört? „to bench“, zu Deutsch „auf die Bank schieben“, ist der neuste Schrei des modernen Datings. Allerdings im negativen Sinne. Natürlich wird hier niemand über eine Bank gezerrt, es geht eher um das sprichwörtliche „etwas auf die lange Bank schieben“. Gerade in der ersten Kennenlernphase kann es ja schnell dazu kommen, dass man den Kontakt etwas hinauszögert. Es gibt ein positives Hinauszögern, bei dem die Zeit des Kennenlernens so gestreckt wird, dass man auch die Chance hat die Person der Begierde zu vermissen. Das ist an sich eine gute Sache! Kriminell wird es allerdings, wenn man eine Abfuhr hinauszögert. Eigentlich weiß man, dass diese Person nur eine Option und keine Priorität darstellt.

Auch ich hatte Männer „auf Abruf“

Ich kann meine Hände in dieser Hinsicht leider nicht in Unschuld waschen, denn auch ich habe Benching schon aktiv betrieben. Ich lernte vor einigen Jahren einen tollen Mann kennen, der mir auf Anhieb gut gefiel. Auf Dauer merkte ich allerdings, dass dieser Mann nicht derjenige ist, mit dem ich eine lange Beziehung führen wollen würde. Aber anstatt das zu kommunizieren und ihn „in die freie Wildbahn“ zu entlassen, hielt ich ihn fest. Es waren sporadische SMS, gelegentliche Treffen, oder auch nur ein Like unter einem seiner Facebookfotos. Ich brachte mich immer wieder in sein Aufmerksamkeitsfeld und verhinderte so, dass er sich von mir lösen konnte. Er war sozusagen ein „Mann auf Abruf“. Rief ich, kam er so schnell es ging zu mir geeilt. Das Schlimme an der Sache war, er hat es mitgemacht! Das ist glaube ich das Traurigste am Phänomen „Benching“: Es gibt genug Menschen die es von Tag zu Tag mitmachen! In solchen Situationen frage ich mich: Merken sie nicht, dass sie nur eine Option sind? Ein Zeitvertreib? Dass sie nur herbeigerufen werden, wenn gerade niemand anderes Zeit hatte? Haben sie nicht das ungute Gefühl, dass sie ihre Energie für nichts und wieder nichts zum Fenster rausschmeißen?

Aber ich bin doch der beste Fisch im Teich!

„Benching“ lässt Menschen im übertragenen Sinne zu Fischen werden, die bei jeder kleinen Bewegung, jedem kleinen Blinken des Köders wieder und wieder in den Haken beißen. Sie können sich noch so sehr verstümmelt haben, gelernt haben sie dadurch nichts. Ein Verhalten wie „Benching“ kann sich in der Gesellschaft nur durchsetzen, wenn es jemanden gibt der es ausführt, und jemanden der es zulässt. Dass ein Loslassen alles andere als einfach ist, muss auch ich zugeben. Nicht selten war ich ebenfalls der kleine Fisch, der am blinkenden Köder hing und hoffte, dass er diesmal nicht wieder zurück ins Meer geschmissen werden würde, bis zur nächsten Blinkattacke. Jedes Mal wieder hatte ich die Hoffnung „jetzt hat er kapiert, dass ich der beste Fisch im Teich bin!“. Mit etwas Abstand betrachtet konnte ich allerdings sagen: Es war von Anfang an hoffnungslos!

Hat es für die Priorität nicht gereicht?

Menschen die andere „Benchen“, also auf die lange Bank schieben, kann man in zwei Kategorien unterteilen: Solche, die nicht merken wie sie sich anderen gegenüber verhalten, und die „Professionellen“. Die Profis haben das „Benchen“ zu ihrer Spezialität gemacht und wissen genau, wie sie eine Person so lange halten können, bis sie auch das letzte aus ihnen herausgequetscht haben. Was am Ende übrig bleibt ist ein komplett verstörtes Opfer, welches den Glauben in die Liebe verloren hat. Minderwertigkeitskomplexe und ein verstörtes Selbstbild sind die Folge. Woher kommen denn Gedanken wie „ich bin nicht gut genug!“? Sie kommen dadurch, dass wir zu oft zwar eine gewisse Zuneigung von einem Menschen bekommen haben, dieser uns aber zu sehr wie eine Option behandelt hat. Sind wir nur eine Option heißt das für uns im Umkehrschluss, dass es für die Priorität nicht gereicht hat. Und da gehen die Selbstzweifel los. Umso länger oder öfter jemand gebencht wird, desto mehr leidet das Selbstbewusstsein.

Hört auf mit den Ködern zu wackeln!

Ich kann nur empfehlen genau hinzuschauen, wie die Menschen mit uns umgehen. Habe ich das Gefühl nur eine Option zu sein, anstatt der Priorität, nehme ich die Beine in die Hand und renne! Niemand hat es verdient auf die lange Bank geschoben zu werden. Denn eins kann ich euch versichern: Aus jemandem der euch auf die lange Bank schiebt, wird niemals ein liebevoller Partner! Denn ihr seid eine Option, keine Priorität. Dieser Praxis kann man nur Einhalt gebieten, indem man das nicht mit sich machen lässt. Verabschiedet euch aus solchen Verbindungen, denn sie tun euch nicht gut. Und an die Bencher unter euch: Lasst die Fische vom Haken und hört auf mit den Ködern zu wackeln.

8 Gedanken zu „„Benching“? Ich bin dann mal eine Option!

  1. Juliette Boisson sagt:

    Ich denke, das Thema ansprechen kann helfen. Wenn du das Gefühl hast auf die lange Bank geschoben zu werden, gibt es meistens zwei Antworten darauf. 1) Derjenige kann oder möchte sich nicht auf dich einlassen 2) Die Nähe die du dir wünscht, ist einfach eine andere. Zweiteres lässt sich durch ein Gespräch gut lösen. Dahingehend kann man sich eingrooven.
    In jedem Fall ist aber ein Gespräch für eines gut. Es schafft Klarheit.:)

  2. Juleblogt sagt:

    Wo jeder man seinen Sinn findet, ist jedem selbst überlassen 🙂 Eine pauschale Antwort gibt es da nicht.

  3. Michi sagt:

    Der Grund für fehlende Partnerschaften ist relativ einfach zu beantworten. Es liegt an einem selbst um aber die eigene Ablehnung zu rechtfertigen gibt es genügend Möglichkeiten in Form von Büchern, Affären, Ratgebern, Gründen etc. pp.

    Woran das liegt? Wohl an einer verkorksten Elterngeneration; sexuelle Verfügbarkeit; Ansprüche; Abgestumpftheit; unklare Wertevorstellungen. Da muss sich ein Menschlein über 25 nichts mehr vormachen. Mit 30 sind wir in der Liebe Steinalt. Es war zu keiner Zeit vorgesehen mit 30 seinen Partner zu finden. Da spielt die Biologie nicht mit und eben diese Biologie haben schon Dichter und Denker sehr gut formuliert.

    War es Hesse oder Schopenhauer? Ist auch egal, Sinngemäß ging es um einen Garten. Die fruchtbare und frische (!) Erde lässt die Blume erstarken und treibt in der Mitte ihres Lebens ihre Blüten. Die Wurzeln sind stark und die Pracht ist schön (da sollen wohl die Kinderchen entstehen) aber dann verwelkt die Pflanze und die Partner bleiben dank ihres fruchtbaren Bodens und den starken Wurzeln immer noch zusammen.

    Leider habe ich diesen Zug verpasst, bzw. befand mich auf der falschen Blüte zu lange Zeit. Da ich Grenzen setzen mir auch erst selber beibringen musste, sowohl die der anderen als auch meine Eigenen. Alles andere ist Selbsttäuschung, ich kann kein Schiff durch den Ozean steuern ohne genügend Treibstoff und dieser Treibstoff ist bei allen um die 30 verpufft. Das was da noch kommt ist Selbstlüge und Angst aber keine Liebe, selbst wenn es Liebe ist dann ist diese zu stark vorbelastet (schlechte Erde).

    Die Bibel hatte wohl doch Recht mit dem jungfräulichen in die Ehe gehen. Die einzige Ehe die ich kenne und als standfest wahrnehme ist eine Christliche und den Witzbold kenne ich schon seit der Grundschule. Er ging als Jungfrau in die Ehe mit einer tollen Frau und wir die „coolen Jungs“ saßen auf seiner Hochzeit und schauten dumm aus der Wäsche.

    Es hat eben alles seinen Preis und wechselnde Sexpartner werden auf dem Konto der Seele abgebucht und lassen die Liebe erkalten auch da sagt die Bibel „und weil sie nicht meine Gebote halten, werden ihre Herzen erkalten“. Dieser christliche Freund hat mir vieles über die Bibel beigebracht und es hat alles Hand und Fuß. Scheiße wir wurden vom Teufel geritten „und der Teufel ist ein Mörder und ein Dieb von Anfang an“. Ja, Zeit wurde gestohlen und die Liebe ermordet.

    Könnte ich nochmals 20 Jahre zurückdrehen ich würde freiwillig in eine Gemeinde gehen. Ich hatte zwar ein aufregendes und krasses Leben bisher aber das ist ein Scheißdreck gegenüber das herzliche und menschliche Familienleben. Die absolute Krönung war als ich selbst die Bibel aufschlug auf diese Frage stand da „manche werden zur Ehelosigkeit gemacht, andere so geboren“. Ich dachte das kann doch nicht wahr sein aber seitdem habe ich selbst eine Bibel und dieses Buch ist lebendig.

    Wer sich nicht an die Gebote des Masters of the Universe hält der erntet nur Scheiße. Ich hab mich für die Scheiße entschieden aber ich stehe dazu und mach mir nichts mehr vor. Lebt sich gut aber manchmal ist es kalt. Vielleicht solltest du Jule deine Sehnsucht nicht bei Menschen suchen sondern bei deinem Schöpfer, so out das heute auch ist, mir hat es die Augen geöffnet. Kleiner Tipps in den Kirchen findest du ihn nicht. Man sieht nur mit dem Herzen gut sagte der kleine Prinz. Ungefähr da findet man ihn.

  4. Tami sagt:

    naja, wenn er immerwider springt, anstatt selbst zu erkennen, er sit in Deinem Orbit…dann hat er noch viel zu lernen. Dein Schreibstil gefällt mir.

  5. StudioWinthor (@StudioWinthor) sagt:

    Das Problem an „Benching“ ist, dass es mit emotionalen Grundfunktionen unserer Biologie spielt.
    In der Verliebtheitsphase lernen wir den anderen Menschen normalerweise kennen, es ist ein Zeitfenster zwischen 3 und 18 Monaten, das darüber entscheiden, ob es eine langfristige Partnerschaft wird.
    Dabei wirkt die Abwesenheit des Anderen verstärkend auf die Gefühle und das Vermissen wird so stark, dass irgendwann jedes Lebenszeichen in der Lage ist, dieses Leiden zu lindern… Wenn man sich dann endlich mal sieht, ist alles wunderbar und das verstärkt die Abhängigkeit weiter.

    Jemand, der „gebencht“ wird, sitzt förmlich in einer sprichwörtlichen emotionalen Mausefalle. Durch den ständigen Entzug, ist er kaum in der Lage, sich zu lösen. Der Bencher kann dem Gebenchten ja nie „zuviel“ werden, weil er ja immer „zuwenig“ ist.

    Jemand, der Schokolade liebt und nur noch einmal in der Woche Schokolade isst, sagen wir freitagabends, der freut sich irgendwann die gesamte Woche auf diese Schokolade. Sehnt sich seine Belohnung förmlich herbei. Ähnlich wie beim Pawlowschen Hund, der anfängt zu sabbern, wenn die Glocke läutet, egal, ob es was zu fressen gibt oder nicht.

    Vielleicht hat der Gebenchte zugelassen, dass der Bencher ihn indoktriniert, aber da das nicht so offensichtlich ist, wie die Karotte, die man an eine Angel, vor die Nase des unwilligen Esels, hängt, ist es schwierig, sich erfolgreich davor zu schützen, auf die lange Bank geschoben zu werden (to bench).
    Denn man kann sicher sein, dass der Bencher, Angel und Schnur gut zu verbergen weiß und sicherstellt, dass der Gebenchte nur die Karotte sieht.

    Ich denke, fast jeder war einmal auf die eine oder andere Art und Weise in der Rolle des Benchers und deshalb ist niemand völlig frei von Schuld und sollte den ersten Stein auf einen Bencher werfen.
    Das bedeutet aber nicht, dass es ein grundsätzlich tolerierbares Verhalten ist.
    Jeder, der bemerkt, dass er in die Rolle des Benchers gerutscht ist, sollte schleunigst klare Verhältnisse schaffen. Der Gebenchte ist in den wenigsten Fällen in der Lage sich leicht aus einem solchen Verhältnis zu lösen, weil mit seinen psychologischen Verhaltensmustern gespielt wird.

    Aber der Bencher kann erkennen, dass er aus welchen Gründen auch immer in eine negative und manipulierten Rolle gerutscht ist. Fehler machen wir alle und sie zu korrigieren, wenn man sie erkennt, zeugt von Größe.

    Die, die dieses Spiel dagegen bewusst, fortgesetzt und gezielt spielen, haben nichts anderes verdient, als irgendwann als alte Menschen alleine in ihrem altbackenen Wohnzimmer zu sitzen, während die Menschen, die sie einst gebencht haben, draußen im Sonnenschein mit einem wunderbaren Partner vorbeispazieren und dabei den Herbst ihres Lebens voller Glück und Freude verbringen.

    Grüße an alle Leser von Jule und an die NSA. 😉

    K.

  6. Juleblogt sagt:

    Hey Susi, Fisch sein ist nie schön! Meistens hilft es sich Gedanken zu machen, was für einen Menschen man da vor sich hat. Verhielt er sich zu Beginn anders, oder ist er einfach jemand, der manchmal Abstand braucht?

  7. Susi sagt:

    Hey, das was du beschreibst mache ich glaube ich auch gerade durch, allerdings möchte ich es noch nicht wahrhaben. Ich habe einen tollen Mann kennengelernt, aber er reagiert nur sehr verhalten, wenn wir uns aber sehen, dann sind wir beide die glücklichsten Menschen auf der Welt. Allerdings sind auch mehrere hundert Kilometer zwischen uns, weshalb wir uns nur unregelmäßig sehen können.
    Naja, mal schauen was daraus noch wird, ich würde mir wünschen kein kleiner Fisch zu sein.

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