Die 20-Something Depression

Knapp 2 Jahre ist es her, dass ich das erste Mal in eine altersbedingte Sinneskrise fiel. An meinem 25. Geburtstag wurde mir bewusst, was ich alles NICHT erreicht hatte.

Wird man erwachsen, formen sich im Kopf Zukunftsvorstellungen, auf die man sehnsüchtig blicken kann. Ich glaube bei mir war das mit ca. 18 Jahren der Fall. Ich wusste ziemlich genau, wo ich mal mit 25 stehen möchte. Mindestens verlobt, studiert, fest im Job-Sattel sitzend. So wollte ich mit 25 sein, darauf arbeitete ich hin. Die Chancen standen nicht schlecht, begann ich doch gerade erst ein spannendes Studium. Auch der passende Partner war da, so dass ich eigentlich nur streng gerade aus laufen musste, um auf dem schnellsten Weg ans Ziel zu gelangen. Es wäre so einfach, wenn das Leben einer geraden Straße gleichen würde. Einfach, aber vermutlich auch ziemlich langweilig, oder? Mein Weg begann jedoch schnell ein paar Kurven einzuschlagen. Da war das Studium dann doch nicht so motivierend wie gedacht und schon bog ich kurz vom Lebensweg ab. Gottseidank nahm ihn nur eine kleine Umleitung, die mich schlussendlich trotzdem auf den Karriereweg führte. Nochmal Glück gehabt, Plan nicht in Gefahr, dachte ich.

Mein 25. Geburtstag machte mich zum Single

Doch da war ja noch die Liebe, welche bekanntermaßen nicht vorhersehbar ist. „Wenn er mir bis 25 keinen Antrag gemacht hat, muss ich mich wohl trennen.“, sagte ich mit Anfang 20 einer guten Freundin. Eigentlich, war es eher scherzhaft gemeint, trotzdem schon ein Fünkchen Wahrheit in diesen Worten steckte. Wir wären dann schließlich 7 Jahre zusammen, da kann man sich schon mal „trauen“. Trotzdem diese „Drohung“ kaum ernst gemeint war, war es genau mein 25. Geburtstag, welcher mich zum Single machte. Ich war unzufrieden. Ich war nicht mehr glücklich. Mir das einzugestehen fiel schwer, sehr schwer sogar. Doch meine Gefühle hatten sich schon längst so weit entfernt, dass ich um eine Trennung nicht mehr herum kam. Da stand ich nun, am ersten Zielpunkt meines geplanten Lebensweges. Ich stand dort allein. Abgesehen von der mehr oder weniger vorhandenen Karriere, hatte ich meine Zukunftsvorstellungen nicht umsetzen können. Es fühlte sich an, als wäre ich vom Einkauf heimgekommen und hätte von meiner Einkaufsliste nur eine Zutat besorgt, anstatt mit vollen Tüten die Treppe hochzugehen. Leer fühlte sich das an, so als hätte ich mein halbes Leben auf der Strecke vergessen. Nach jedem Tief kommt bekanntlich ein Hoch und so schaffte ich es, mich zumindest überwiegend wieder aufzurappeln, und wenigstens den Karriereweg straight gerade aus zu bestreiten. Doch umso älter man wird, desto öfter blickt man zurück. Ich blickte zurück, als ich 26 wurde, ich blickte zurück, als die 27 auf meinem Geburtstagskuchen prangte. Es machte mich immer trauriger. Wieder ein Jahr vergangen und so gut wie nichts erreicht.

Wenn’s kein Mann wird, dann eben ne Katze

Allein die Familienplanung, rückt in weite Ferne. Zumindest kaufte ich mir erstmal eine zweite Katze. Dann hab ich wenigstens etwas, um das ich mich kümmern kann und auf das ich zurück blicke, wenn die böse 28 auf mich zurollt. „Wenn ich nächstes Jahr immer noch Single bin, dann wird’s kein Mann, sondern ne Katze.“, sagte ich 2015 zu meiner besten Freundin. Ich hatte gehofft, um die Anschaffung herum zu kommen.

Es ist komisch, aber mit jedem Tag, jeder Woche und jedem Monat, der ins Land geht, fühlt sich mein Lebensweg sinnloser an. Er ist Alltag, alles ist schon mal da gewesen. Jedes kurze Glück streift vorüber und wird wieder eingeholt von langen, langweiligen Arbeitstagen. Da fehlt irgendwie der Sinn. Da fehlt irgendwie die Zukunftsperspektive. Soll das jetzt ewig so weiter gehen? Da kann ich befördert werden bis ich blau anlaufe, ich komme trotzdem abends allein nach Hause, gehe ins Bett und wiederhole mich täglich. Einziger Lichtblick sind aufregende Wochenenden, welche aber enorm an meinen Energiereserven zehren.

Hätte ich es besser machen können?

Ist es Fluch oder Segen, sich mit den Jahren nach dem Sinn zu fragen? Jeder Blick zurück raunt mir entgegen, ich hätte es anders, ich hätte es besser machen können. Wo könnte ich schon stehen, wenn ich andere Entscheidungen getroffen hätte? Ich sehe so viele Menschen heiraten, Kinder bekommen, einen Sinn im Leben finden. Und was mache ich? Ich schaue mir bis in die Nacht hinein Reportagen darüber an, dass ich, falls ich denn mal Kinder wollen würde, mich mal beeilen sollte. Wird ja alles nicht besser mit der Biologie und so. Dann denke ich an die Frau, die in dieser Reportage vorkam. Über 40, Single, kinderlos. „Ich habe einfach den perfekten Moment verpasst. Entweder war da der falsche Partner, oder gar kein Partner.“. Prost Mahlzeit, denke ich mir und würde am liebsten eine Flasche Wein aufmachen. Ist das meine Zukunft? Verbittert und allein sein? Es ist eine Sinneskrise, die viele Frauen in meinem Alter ereilt. Man glaubt gar nicht, wie so etwas an den Nerven zerren kann. Vielleicht wird das ja mit 30 besser? Vielleicht hat man sich dann damit abgefunden, dass es nun mal so ist, wie es ist? Abfinden ist so unschön! Sinn finden, wäre mir um einiges lieber.