Meine geliebten Freunde, ihr habt es nicht anders gewollt. Ich gebe auf. Von mir werdet ihr nicht mehr mit Veranstaltungseinladungen genervt, die ihr sowieso nur mit einem „Vielleicht“ oder überhaupt nicht beantwortet. Eine Party zu veranstalten oder die liebsten Menschen im Leben für ein kleines Event zusammenkommen zu lassen, macht mich glücklich. Ich genieße es, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die mir wichtig sind, eine tolle Zeit zusammen haben. Seitdem Facebook die Möglichkeit bietet nach Belieben Veranstaltungen zu erstellen, waren wir zusammen aus Escape Rooms flüchten, haben mehrere Schweine und Rinder gegrillt oder einfach nur ordentlich abgefeiert. Rückblickend betrachtet, scheint die Veranstaltungsfunktion auf Facebook mein Leben sehr bereichert zu haben. Doch das ist ein Trugschluss. Vor ausufernden Grillabenden und feucht fröhlichen Geburtstagspartys verbreitete sich Unsicherheit.
Die 3 Stufen der Verzweiflung
Erstellt man eine private Veranstaltung auf der größten Social Media Plattform, gibt es drei Stufen der Verzweiflung
- Die Einladung: sobald das Event erstellt ist, beginnt das unruhige Grummeln im Bauch. Wie viele Zusagen werde ich erhalten? Hier zählen die ersten 24 Stunden. Wer nach 24 Stunden noch nicht zu- oder abgesagt hat, den kann man für die Veranstaltung eigentlich so gut wie vergessen
- Die Erinnerung: einige Tage bevor das Event starten soll, ist Facebook so lieb und erinnert daran, dass man demnächst etwas vorhaben könnte. Dieser Moment ist die nächste Stufe auf der Bauchgrummel-Skala. Wer sich bis jetzt noch nicht entschieden hat, ob er sich die Zeit nehmen möchte, der klickt nun auf den entsprechenden Button. Mit großer Wahrscheinlichkeit übrigens „Absage“.
- Die Stunde davor: Die grausamste Zeit vor dem Beginn einer eigenen Veranstaltung ist die Stunde davor. Voll in den Vorbereitungen steckend, steigt die Anspannung. Wie viele Gäste wohl zu erwarten sind? Nur mal schnell checken, wie viele Zusagen man erhalten hat. Sich kurz vor Beginn des Events auf Facebook einzuloggen, ist übrigens gar keine gute Idee. Plötzlich sinkt die Zahl der teilnehmenden Gäste und die Kommentare zu den getätigten Absagen steigen. „Sorry, bin krank.“, „Bin gerade im Urlaub.“, „Ach, das war heute?“, sind nur einige Aussagen, die die Verzweiflungsskala in ungeahnte Höhen treiben.
Was nach diesen drei Stufen der Verzweiflung folgt, ist Resignation und der feste Glaube, die Party alleine feiern zu müssen.
„Vielleicht“ ist ein höflich gemeintes „leider nicht“
Kann man diesem 3-Stufen-Modell aus dem Weg gehen? Nein. Was habe ich nicht alles versucht. Ich habe die Einladungen ein Jahr vorher verschickt, um sicherzustellen, dass sich alle Gäste den Termin freihalten können. Ich habe regelmäßig witzige Erinnerungen verschickt, um die Vorfreude zu erhöhen. Gebracht hat das alles nichts. Am Ende hatte ich für die letzte von mir eingestellte Veranstaltung knapp 30 Zusagen, 40 Vielleicht und 80 Eingeladene, die gar nicht reagierten. Unter den 30 Zusagen waren mindestens 10 Personen, von denen ich wusste, dass sie zum Zeitpunkt der Veranstaltung gar nicht im Land waren. Aus meinen Erfahrungen heraus war mir ebenfalls bewusst, dass die 40 „Vielleicht“ höflich gemeinte „leider nicht“ bedeuteten. Die einzige große Unbekannte waren die lieben Menschen, die gar nicht reagiert hatten. Nachdem ich die 3-Stufen der Verzweiflung durchlaufen hatten, war meine Laune im Keller. Ich stand neben einem liebevoll aufgebauten Buffet, über mir eine Partydeko, die die Location in eine kleine Traumwelt verwandelte. In meinem Kopf spielten sich gruselige Szenen ab. Kugelrund gefressen würde ich ganz allein neben leeren Nudelsalatschüsseln liegen, mit einem halb leeren Gin Tonic in der Hand. Ich würde mich fragen, womit ich das eigentlich verdient hätte. War ich die letzten Jahre keine gute Freundin gewesen? Ich zweifelte an mir als Gastgeberin, ich zweifelte an meinen Mitmenschen.
Zuverlässig scheinen genau die, die sich nicht der Social Media Welt ergeben
Von den erwarteten und erhofften 50 Gästen, erschienen am Ende um die 30. Ca 10 davon hatten im Vorfeld zugesagt. Der Rest war dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass es auch abseits von Social Media Menschen gab, die so eine besondere gemeinsame Zeit zu schätzen wussten. War wirklich niemandem bewusst, welche Phasen der Verzweiflung ich zuvor durchmachen musste? Rechnete jeder Eingeladene damit, dass die anderen schon für eine gute Veranstaltung sorgen würden? Ich habe keine Lust mehr auf unzählige „Vielleicht“, keine Lust mehr auf kurzfristige Absagen, keine Lust mehr auf die latente Angst, am Ende allein dazustehen. Meine geliebten Freunde, ihr habt es nicht anders gewollt. Ich gebe auf. Von mir werdet ihr nicht mehr mit Veranstaltungseinladungen genervt, die ihr sowieso nicht beantwortet.