Wir fahren nach Berlin! – Potsdamer-Singles, die Datingpendler

Meine Heimatstadt Potsdam ist einer der schönsten Orte auf diesem Planeten, finde ich. Sie ist der komplette Gegensatz zum Hauptstadt-Dschungel, der nur wenige Kilometer weiter tobt. Mit seinen fast 165.000 Einwohnern, müsste es für die Potsdamer Singles doch ein Leichtes sein, ein Deckelchen zu ihrem Topf zu finden, oder? Irrtum. Einsame Herzen wie Mathias und Katharina sind Datingpendler.

„Ich fahre morgen Abend nach Berlin, mal wieder“ verkündete mir mein Kumpel Mathias, während wir bei einem Bierchen in unserer Stamm-Studentenkneipe Pub a la Pub unsere Wochenplanung besprachen. „Noch’n Date?“, erkundigte ich mich sichtlich unüberrascht. Mein Gegenüber grinste mich verstohlen an und die Sache war klar. Mathias gehört zu einer Gruppe, zu denen viele einsame Potsdamer-Herzen zählen: den Datingpendlern. Die S-Bahn-Linie S7 nach Berlin, könnte man glatt als „Love Train“ bezeichnen, denn sie befördert Suchende tagtäglich an die schönsten Datingorte der Hauptstadt. Ist das der Grund, warum es so viele einsame Herzen zum Verlieben nach Berlin zieht? Die schöneren Treffpunkte? Mitnichten. Potsdam ist an Orten, die das Herz in Wallung bringen können, kaum zu übertreffen. Die Schlossparks, die geschäftige Brandenburger Straße, jede noch so kleine unscheinbare Gasse scheint romantischer, als das hektische Hauptstadtleben.

Dating innerhalb der Landeshauptstadt führt zu unangenehmen Fragen

Was treibt sie dann nach Berlin, die Potsdamer Singles? „Weißt du, Potsdam ist wie eine Kleinstadt. Ständig trifft man irgendwen, den man kennt. Das ist toll, aber für ein Date ziemlich ungeeignet.“, erzählte mir meine Freundin Katharina, die ebenfalls regelmäßig nach Berlin pendelt, der Liebe wegen. Sie möchte bei ihrem ersten Kennenlernen nicht von aller Welt gesehen werden. Diese ganzen unangenehmen Fragen, denen Sie sich im Nachhinein stellen muss. „Wer war denn der Mann an deiner Seite? Bist du nun vergeben? Seit wann stehst du auf so jemanden?“, sind nur einige nervige Nebeneffekte, sobald Katharina in ihrer Heimatstadt nach der Liebe sucht.

Der Potsdamer Singlemarkt ist abgegrast

Auch wenn man diese Ausfragerei auf sich nehmen möchte, hat man es als Single in der Landeshauptstadt schwer. Tinder, die bekannteste Datingapp auf dem Markt, spuckt zwar einige Profile aus, sobald man in Potsdam sucht, aber der Großteil davon gehört Touristen, die hier ihre Urlaubszeit verbringen. Die anderen User, die regelmäßig bei tinder vorbeischauen, kennt man als geübter Ausgeher schon. Mathias würde sagen: Der Markt ist abgegrast. Es gibt einfach nicht genug potenzielle Kandidaten. Schließlich gilt Potsdam als Hochzeitsstadt. Trotz der vielen Studenten, ist der Anteil der Paare hier, im Vergleich zur Bundeshauptstadt, sehr hoch. Also auf tinder schnell den Suchradius einige Kilometer ausgedehnt und schwupps, landen die einsamen Herzen der Berliner auf dem Smartphone-Bildschirm.

Die Erfolgsrate der Datingpendler? Gleich 0.

Sind die ersten Worte gewechselt, kommt es schnell zu einer Verabredung. Nun also fix in die S-Bahn oder den vollen Regio gehüpft, und ab ins Liebesglück. Schön wär’s. Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht, sang schon Herbert Grönemeyer. Trotzdem mein Freundeskreis voll ist mit Datingpendlern, sind diese weiterhin allein und dies wird sich vermutlich auch so schnell nicht ändern. Die Anonymität der Großstadt sorgt dafür, dass sich die Menschen zwar ratzfatz kennenlernen, aber genauso schnell wieder vergessen. Frage ich zum Beispiel Mathias nach seinen Verabredungen der letzten Wochen, bekommt er oft nur ein paar Namen zusammen, bevor er passen muss. So viele Gesichter, so viele Geschichten, die Hauptstadt ist auch Hauptstadt der Möglichkeiten. Hier hat man keinen Ruf zu verlieren, wird nicht krumm angeschaut, wenn potenziellen Partner regelmäßig wechseln. In Berlin braucht niemand Angst haben, einer verflossene Liebe auf der Straße zu begegnen. Sich im Leben dort überhaupt zweimal über den Weg zu laufen, wäre ein großer Zufall. 

Ob unter diesen 3 Millionen, jemand ist der dich versteht?

Berlin ist wie ein großer Sack voller Partnervorschläge, der nie leer zu sein scheint. Und so werden sie weiter Fahrkarten nach Berlin lösen, die Datingpendler von Potsdam. Um es mit einem meiner Lieblingsmusiker Bosse zu sagen:

In deiner Stadt leben über 3 Millionen

Und du bist heute Nacht unterwegs

Um zu schauen ob unter diesen 3 Millionen

Jemand ist der dich versteht

Jemand der bleibt und nicht mehr geht

Wer weiß, vielleicht begegnen sich ja zufällig mal zwei Potsdamer Datingpendler in einer zu vollen S7 und stellen fest, dass der Singlemarkt der Landeshauptstadt gar nicht so leer gefegt ist, wie er scheint. Er wirkt nur immer so, weil jeder sein Glück in der Großstadt  nebenan sucht.

​Dancing in the rain – Les Bummms Boys unplugged

Ist man einmal nach einer feucht fröhlichen Nacht zusammen mit einer Band vom Barhocker gefallen, wundert es nicht, dass diese 5 Jungs sich schnell in mein Musikliebhaberherz schlichen. Als ich erfuhr, dass eben diese Musiker wieder in der Stadt sein würden, war eines klar: hin da und mitgefeiert. Als Headliner des diesjährigen Campus Festivals der Universität Potsdam, sollten Les Bummms Boys die Massen zum Kochen bringen.

Die Wettervorhersage für den Tag, an dem wir uns wiedersehen sollten, sah jedoch besorgniserregend aus. Die Regenkarte kündigte direkt zum Konzertbeginn einen heftigen Regenguss an. Als das erste Unwettergebiet am Nachmittag durchzog, hatte ich damit gerechnet, dass es das nun gewesen sein sollte, mit dem feuchten Nass. So schnappte ich mir meine beste Freundin und machte mich auf zu den Jungs, die extra den langen Weg aus Rostock angetreten hatten.

Tick tack, tick tack, pitsch patsch, pitsch patsch

Trotzdem der Platz vor der Bühne aufgrund des Wetters eher spärlich gefüllt war, ließen sich die Bummmsis, wie wir sie liebevoll getauft hatten, nicht demotivieren. Voller Elan griffen sie zu ihren Instrumenten und schon nach dem ersten Takt war klar: das wird eine fette Party. Vor der Bühne wurde gehüpft, gewippt und mitgesungen. Tick tack, tick tack, schallte es aus den Boxen, als die ersten Regentropfen die Tanzfläche erreichten. Der Blick in den Himmel verhieß nichts Gutes. Die Wolken waren regelrecht tief schwarz und zeigten in aller Dramatik, was da gerade auf uns zurollte. In der Ferne zuckten Blitze. Ob sie das Konzert nun abbrechen würden? Nein, natürlich nicht. Der Regen nahm zu und die Tänzerinnen und Tänzer, die vor lauter Bewegungswärme schon langsam die Regenjacken wieder auszogen, genossen jeden einzelnen Tropfen. “Was für eine grandiose Stimmung!”, rief mir meine Begleitung zu. Wie recht sie doch hatte. Ich war nie Fan von Festivals oder Konzerten, die aufgrund von Regen zu einer Schlammschlacht mutierten, aber ganz ehrlich: hat gefetzt.

Über uns Weltuntergang, unter uns ein See

Es waren gerade einmal 4 Lieder gespielt, als der Wettergott plötzlich eine große Gießkanne über uns ausschüttete. Der Regen flog waagerecht und die Sicht war von einer auf die andere Sekunde unter einen Meter gesunken. Ich versuchte mit meiner Freundin unseren Schirm so zu positionieren, dass die nassen Tropfen uns nicht erwischten. Erfolglos. Innerhalb von 5 Sekunden waren wir nass bis auf die Knochen. Wir hörten, wie sich langsam Chaos breit machte. Geistesgegenwärtig rannten wir in Richtung Bühne und quetschten uns unter das Technikzelt. Die Bummms Boys versuchten währenddessen verzweifelt ihre Instrumente in Sicherheit zu bringen. Wie ein Wasserfall ging der Regen aber auch auf die Bühne nieder. Unter unseren Füßen bildete sich zusehends ein kleiner See, sodass unsere Schuhe einem vollgelaufenen Boot glichen. Untergegangen war anscheinend auch die Technik, so dass nun auch die Lichter den Geist aufgaben. „Alle runter vom Platz!“, brüllten die Veranstalter, nachdem die Blitze nur gefühlte Meter neben uns niedergingen.  Durch Schlamm und Matsch rannten wir in das nahe gelegene Vereinsgebäude. Auch die Bummmsis suchte dort nach Unterschlupf. Im Vorraum der Umkleidekabinen machte sich Ratlosigkeit breit. Den Versuch zu wagen ein anderes Gebäude zu erreichen, war zwecklos. Wir wären vermutlich entweder durch den Schlamm gerutscht, oder gleich in einer Pfütze ertrunken. Doch plötzlich kam Bewegung in die nasse Menschenmenge. Die Bummmsis gaben sich nicht mit ihrem kurzen Bühnenbesuch zufrieden, sie wollten mehr.

Ein Abend, von dem wir noch unseren Enkeln erzählen werden

Zwei Stühle, die noch nassen Instrumente in der Hand und fertig war die Unpluggedbühne. Unter tosendem Applaus stimmten sie das erste Lied an. In diesen knapp 30 m² Vorraum ergab sich eine Akustik, die ich nur von großen Konzerten kannte. Das Klatschen des Publikums, die anpeitschenden Pfiffe, und das Singen im Chor, entwickelten eine Dynamik, die eher einer großen Konzerthalle mit 1000 Gästen angemessen war. Während die Bummmsis bewiesen, dass sie auch ohne Strom grandiose Hits schmettern konnten, holten immer mehr Zuschauer ihre Telefone heraus. Dieses Erlebnis musste für die Nachwelt festgehalten werden. Auch ich stand wie hypnotisiert kopfschüttelnd vor der improvisierten Bühne. Ich habe schon einige Konzerte besucht, aber so eine Stimmung war mir neu. Plötzlich war es egal, wie durchnässt wir waren, wie unangenehm unsere Klamotten an uns klebten, wichtig war der Moment. Als Sänger Stephan zu “I just call…to say….I love you…”, einsetzte, war es endgültig um das Publikum geschehen. Hinter uns tanze ein verliebtes Paar, vor uns wurde geknutscht. Ich hielt meine beste Freundin im Arm und wir versprachen uns, diesen Abend nie wieder zu vergessen. So gut wir konnten sogen wir die Eindrücke dieses Auftrittes ein. Als sich das Wetter beruhigt hatte und wir den Heimweg antraten, waren wir immer noch wie elektrisiert, so als hätte sich der Beat der Musik direkt in unsere Herzen gespielt. Danke liebe Bummmsis! Danke für eure Spontanität, danke für diesen grandiosen Abend, von dem wir auch noch unseren Enkeln erzählen werden.

 

Mein Leben ist ein konfettidekorierter Taxistand – Julia Engelmann im Waschhaus

Eines muss ich zugeben, ich war nicht vorbereitet! Normalerweise recherchiere ich vor Konzerten oder Veranstaltungen, was auf mich zukommen wird. Ich muss schließlich informiert sein! Werde ich lachen? Muss ich vielleicht weinen? Planung ist alles! Das habe ich diesmal etwas vernachlässigt. Gottseidank! Als ich mich auf meinen, zugegebenermaßen sehr unbequemen Stuhl im Waschhaus Potsdam setzte, verschränkte ich erstmal die Arme. Na mal schauen, was da kommen mag, dachte ich. Auf die Bühne kam Julia Engelmann, bekannte Poetrie Slammerin aus Bremen. Sie wirkte zu Beginn etwas verloren vor der liebevoll gestalteten Dekoration. Viel zu schnell warf Julia mich ins Geschehen, indem sie direkt mit einem Text loslegte. „Na das kann ja was werden“, dachte ich. Bei ihren ersten Zeilen, kam ich gedanklich einfach nicht hinterher. Mir fehlte die Ruhe, ihr fehlte die Ruhe. Doch als sie kurz danach zur Gitarre griff, entfaltete der Abend so langsam seine Magie und begann mich an die Stuhl zu fesseln. „Viva la vida“ von Coldplay war wie geschaffen für die Atmosphäre im Saal. Gespannt lauschte das Publikum Julias engelsgleicher Stimme. Ich habe zwar vermutet, dass sie relativ musikalisch sein muss, aber mit solch einer Stimmgewalt, hatte ich nicht gerechnet. Als sie nach der Gesangseinlage mit den Zeilen „Ich kann allein sein“ fortfuhr, war ich komplett gefangen. Ihre Worte hallten in meinem Kopf wie ein Mantra, welches sich ins Hirn einbrennt. Plötzlich fühlte sich der Veranstaltungssaal leer an, nur Julia und ich. Das von ihr geworfene Konfetti verlieh der Stimmung etwas festliches, aber auch etwas Denkwürdiges.

Witzige Anekdoten wurden von tiefgreifenden Momenten abgelöst. Ihre Fragerunde machte den Abend so persönlich, wie ich es auf ähnlichen Veranstaltungen selten erlebt habe. Mein Leben ist ein Taxistand, der glamouröseste, aufregendste und schönste! Da hast du Recht, liebe Julia.

Der Song „Vorschlussliebe“, schien allein auf mein Liebesleben zu referieren. Das war mir vorher gar nicht so bewusst, aber dazu sind solche Veranstaltungen ja da: mal nachdenken, mal fallen lassen, mal sich selbst erkennen. „Lass mal ne Nacht drüber tanzen!“, war meine Weisheit des Abends. Und am Ende wird alles gut, am Ende gräbt das Eichhörnchen nicht mehr an seinem Pfötchen nach einer Nuss. Am Ende steht der Saal applaudierend und gerührt vor einer extrem tollen Künstlerin, die das schafft, was sie sich vorgenommen hat: Etwas zu sagen! Und nicht nur etwas zu sagen, sondern das zu sagen, was uns bewegt. Liebe Julia, auch wenn du es von der Bühne aus nicht mitbekommen hast, der Saal hat gelacht, der Saal hat geweint, es roch nach arbeitenden Gehirnen. „One Day baby we’ll be old…“, und denken an all die tollen Geschichten, die wir über diesen Abend erzählen werden. Danke dafür!

„Möchten Sie zur Pegida Kundgebung?“ – „Neeeeee!“ – Demos sind wohl nicht mein Ding

Zu Beginn möchte ich klarstellen: Ich bin politisch links orientiert. Nicht radikal, aber schon klar und deutlich. Diese ganze Pegida-Bewegung, ist für mich nicht verständlich. Ich lasse gerne mit mir diskutieren. Gute Argumente bringen mich zum nachdenken, aber das was Pegida vorbringt, gehört für mich nicht dazu. Bis jetzt war meine Heimatstadt relativ „Pegidafrei“. Ich spreche hier nicht von Berlin, sondern vom wunderschönen Potsdam, welches aber nur einen Katzensprung entfernt ist. Potsdam ist in meinen Augen eine sehr linke Stadt. Es gibt eine große Studentenszene und jeder ist hier willkommen. Als dann vor einigen Tagen die Ankündigung einer Pegida-Demonstration durch die sozialen Netzwerke ging, machte sich Unmut in mir breit. Zu Beginn habe ich nich daran geglaubt, dass sich Pegida-Anhänger wirklich nach Potsdam trauen. Was wollen die hier erreichen? Suchen die Ärger?

Kurz nach der Ankündigung, formierten sich direkt Gegenbewegungen. Zu Beginn etwas chaotisch, aber am Ende doch gut organisiert, entstanden zwei Gegendemonstrationen. Man kann ja leider nicht immer abschätzen, wieviel Zuspruch die Ausgangs- sowie auch die Gegendemonstration haben werden. 500 Zusagen auf Facebook heißen nicht, dass auch 500 Menschen anwesend sein werden. Die Pegida-Demo hatte am Ende knapp 40 Zusagen, die Gegendemo an die 600. Soweit, so unspektakulär.

Ich bin absolut Demo-unerfahren. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal auf einer größeren Demonstration gewesen zu sein. Nicht weil ich mich nicht interessiere, sondern weil ich die Eskalationen, die Demos gelegentlich mit sich bringen, nicht befürworte. Diesmal ging es aber um meine Heimatstadt. Ich möchte mir die Toleranz hier nicht zerstören lassen! Ich möchte, dass hier jeder frei leben kann. Jeder kann eine Meinung haben, so lange er sie schlüssig begründen kann. Solange niemandem eine Meinung aufgezwungen wird, passt das. Ich verabredete mich nun für den Montagabend, um bei der Gegendemo mitzulaufen. Meine Begleiter waren allesamt sehr Demoerfahren. Sie versprachen mir, dass das alles eine ruhige Sache werden würde. Am Treffpunkt angekommen, machte es wirklich einen ruhigen Eindruck. Viele Menschen, die friedlich auf einem Platz standen und Musik hörten. Die Pegida-Anhänger wurden von der Polizei weitgehend abgeschottet. Wir traten einen Versuch an, näher an diese Menschentraube heran zu kommen. „Möchten Sie zu der Pegida Kundgebung?“ – fragte uns einer der voll ausgerüsteten Polizisten. „Neeeeee!“ – antworteten wir einstimmig. „Dann dürfen Sie hier nicht vorbei.“ – entgegnete der Uniformierte. Na gut, war nicht schlimm, da hatten sich sowieso nur knapp 10 Leute versammelt.

Auf dem Rückweg zur Gegendemo kam uns ein vermutlicher Pegida-Anhänger entgegen und sagte mit lauter Stimme: „Na willst du mich mal vergewaltigen?„. Ich war verwirrt. Wir liefen doch einfach nur an ihm vorbei, keine Provokation, nichts. Verdutzt schauten wir uns an, und konnten nur anfangen zu lachen. Komischer Kerl! Wieder am Versammlungsplatz angekommen, monierten meine Begleiter schon, dass es doch recht langweilig wäre. Als hätte das irgendjemand gehört, kam langsam Bewegung in die Sache. Ich hörte Geschreie, Böllerschläge und eine gewisse Hektik brach aus. Als ich mich umdrehte, sah ich mehrere vermummte Männer in meine Richtung rennen. Sie liefen zur Straße, da sich dort einige Pegida-Anhänger vor einem Hauseingang versammelt hatten. Es wurde gepöbelt, es wurde geböllert, es flogen Gegenstände. Die Polizei brauchte ein paar Minuten, um den Ernst der Lage zu erkennen. Schnell liefen den Radikalen voll ausgerüstete Spezialkräfte hinterher und stellten sich zwischen die beiden rivalisierenden Gruppen. Das war ein Moment, in dem ich wirklich Angst hatte. Ich wusste nicht, was da gerade passierte. Die plötzliche Hektik versetzte auch mich in Panik. Gottseidank hatte ich meine demoerfahrenen Freunde dabei. Sie beruhigten mich und gaben mir das Gefühl, dass mir nichts passieren könne. Nach einigen Minuten drängte die Polizei uns zurück. Es dauerte nicht lang, und schon begann es an anderer Stelle „spannend“ zu werden.

Wie angekündigt kamen Pegida-Busse aus Berlin an. Dies blieb nicht unbemerkt, und die Menschenmassen (vermutlich knapp 1000 Leute), drängte in Richtung des ankommenden Busses. Als dieser sich in Bewegung setzte, wurde er direkt von allen Seiten umringt. Weiterfahren war unmöglich. Auch hier dauerte es einen Moment, bis die Polizei begann, den Bus abzuschirmen. An dieser Stelle möchte ich aber auch ein Lob an die Beamten aussprechen. Trotz verschiedener Eskalationsmomente, hatte ich immer das Gefühl, dass die Lage unter Kontrolle war. Es waren genug Einsatzkräfte vor Ort, um Schlimmeres zu verhindern. Der Bus kam nun nur noch im Schritttempo voran. Leider musste ich zu meinem Entsetzen von anderen Demonstranten hören, dass die Beamten Pfefferspray benutzten, um die Menschen vor dem Bus zu „beseitigen“. Ab und zu flogen Gegenstände gegen die Scheiben des Busses, fügten aber keinen allzugroßen Schaden zu. In meinen Augen war die Stimmung generell aufgeheizt. Ich bin da aber wie gesagt unerfahren, meine Begleiter beschrieben die Lage als relativ ruhig. Als der Bus sich dann einen anderen Weg freikämpfen konnte, begannen die Demonstranten zu rennen. Auch der Ausweichweg sollte blockiert werden. Das wurde mir dann alles zuviel. Die latente Angst, dass es gleich eskalieren könnte, machte mich fertig.

Ich finde es toll, dass sich meine Stadt so entgegenstellt! Aber bei dem Werfen von Flaschen und Böllern, hört bei mir der Spaß auf! Nicht selten trifft es nicht die „Gegner“, sondern Menschen aus den eigenen Reihen. Ich habe da auch großen Respekt vor den Beamten, sie müssen sich auch denjenigen entgegenstellen, deren Meinung sie vielleicht ebenfalls vertreten. Abschließend stelle ich fest: Demos sind anscheinend nichts für mich. Ich bin da zu sehr Angsthase und distanziere mich von jeder Art Gewalt, zu der es bei solchen Anlässen kommt.