Von Feierei zu Langweilerei – Meine Freunde mutieren zu Couchpotatoes

Wir lebten das Stereotyp der sorglosen Jugend, füllten die Clubs und ergänzten die Mate, die wir sonst im Büro tranken, einfach mit ein paar cl Schnaps. Doch plötzlich begann eine für mich besorgniserregende Entwicklung.

Wollte ich für meine Wochenend-Partyplanung wissen was in der Umgebung ansteht, habe ich in die WhatsApp Gruppe „Feierei“ geschaut. Dort fanden sich diejenigen aus meinem Freundeskreis zusammen, die schon seit Jahren regelmäßig „einen drauf“ machten. Durchgefeierte Nächte, gemeinsame Katerfrühstücke, wie es sich für 20-Somethings nun einmal gehört, haben wir uns ordentlich ruiniert.

Aus Eskalation wird “ruhiger Abend auf der Couch”

Es war Freitagabend und der Name unserer Feier-Gruppe leuchtete nicht auf meinem Telefon auf. Keine Verabredungsanfragen, keine Partyvorschläge. Als ich mich nach der Lebendigkeit der Gruppenmitglieder erkundigte, stellte ich erschreckendes fest: sie wollten einen „ruhigen Abend auf der Couch“ verbringen. Na gut, irgendwann muss sich der Körper von den Exzessen erholen, dachte ich und bleib frohen Mutes, spätestens am darauffolgenden Wochenende wieder um die Häuser ziehen zu können. Doch auch 7 Tage darauf war das Erholungsbedürfnis meiner Mitmenschen anscheinend höher, als der Wunsch einen aufregenden Abend zu erleben. In diesem Moment fiel mir schlagartig auf, was sich schon über die letzten Monate angedeutet hatte: mein Freundeskreis wurde erwachsen. Als ersten Akt der Verzweiflung, änderte ich den WhatsApp-Gruppennamen in „Langweilerei“, damit jeder wusste, mit was für Menschen er es hier zu tun hatte.

Aus Partytieren werden Couchpotatoes

Rückblickend betrachtet war es ein schleichender Prozess, der aus Partytieren Couchpotatoes werden ließ. Es ging nicht nur mir so. Auch entfernte Bekannte berichteten, dass ihr Umfeld langsam aber stetig zu Sofa-Kartoffeln mutieren, denen Kuscheldecke und Netflix näher liegen, als ein ausgelassener Tanzabend. Hauptgrund für diese Entwicklung ist sicherlich die zunehmende Pärchenbildung. Singles sind einfach feierfreudiger als Paare. Bedingt durch den Durst nach neuen Kontakten und möglichen Flirts, hält es Singles am Wochenende nur dann zu Hause, wenn sie durch Krankheit ans Bett gefesselt sind. Sobald sich jedoch eine Beziehung einstellt, gibt es plötzlich nichts Schöneres als ein gemeinsamer Abend in der Horizontalen.

Meine Couch und ich

Netflix binchen ist das neue Eskalieren. Nur meine Couch, ein Streamingdienst, und ich. Amazon Now liefert den passenden Knabberkram an die Tür, das Leben kann so bequem sein. Habt ihr in letzter Zeit mal in die Regale der Zeitschriftenhändler geschaut? Es herrscht ein regelrechter Boom an Magazinen über das Landleben, heimelige Einrichtungsideen und die neue Häuslichkeit. Wer die Zielgruppe ist? Natürlich wir um die 30er. Und wir nehmen das Angebot dankend an. Es fühlt sich irgendwie nach Erwachsen sein an, wenn man sich am Wochenende mit der Dekoration des Eigenheims beschäftigt, anstatt verkatert das Bett zu hüten. So ein bisschen “Ernst des Lebens” spielen. Mir fehlt bei aller Heimelig- und Gemütlichkeit die Eskalation. Mal durchdrehen, mal 5e gerade sein lassen. Das findet nicht statt zwischen wie im IKEA-Katalog perfekt angeordneten Möbeln. Ich akzeptiere gern, dass das Erwachsenenleben seine Verpflichtungen mit sich bringt, aber steht das im Kontrast zum Ausbrechen, zum frei sein und dies feiern bis die Wolken wieder lila sind? Es sind im Leben doch die Momente, in denen man mit Konfetti geworfen, auf Tischen getanzt und die Gläser zum Himmel gehoben hat, die in Erinnerung bleiben. Nicht die Abende, an denen man vor Netflix ins Land der Träume verschwunden ist.

Liebe “Langweilerei”, vielleicht können wir uns ja einigen: drei Wochenenden Netflix, dafür ein Wochenende eskalieren, bis die Wolken wieder lila sind. Na, ihr “Erwachsenen”, das klingt doch nach einem Deal, oder?

Single sein ist teuer und ungesund!

Was wäre, wenn ich in einer Beziehung leben würde? Was würde sich in meinem Leben verändern? Als ich gerade mit Cookie, einem der tollsten Männer der Welt ( 😉 ) schrieb, begann ich mir Gedanken zu machen. Auslöser war meine heute angekommene Nebenkostenabrechnung, die mir ziemlich die Laune versaute. Wie kann ich bitte mehr Wasser und Heizung verbraucht haben? 4 der 12 Monate in 2014 wohnte ich schließlich allein. Die Heizung habe ich generell nicht oft angeschaltet. Okay, vielleicht als Single dann doch ein wenig mehr, da nun mal keine Körperwärme vorhanden war.

Wenn ich mich an die Zeit zurück erinnere, in der ich mit meinem Ex zusammen gewohnt habe, kommt mir das doch etwas rosiger vor. Allein der finanzielle Faktor war enorm. Miete durch 2, Strom durch 2, Versicherungen durch 2, Telefonanschluss durch 2, sogar teilweise Essen durch 2. Ich konnte mir alle 3 Monate eine Kreuzfahrt leisten oder ausgiebig shoppen gehen. Und jetzt? Nun bringt mich schon eine kleine Nachzahlung ins Wanken. Meine Lebenshaltungskosten sind nun einmal um 100% gestiegen! Da frage ich mich, kann sich überhaupt jeder leisten, allein zu sein? Wie machen Menschen das, die nicht das Glück eines gut bezahlten Jobs haben? Wenn ich so recht darüber nachdenke…spendet nicht für Familien, spendet für Singles! Ich hoffe ihr nehmt mir diesen Scherz nicht zu übel, ganz ernst gemeint ist das natürlich nicht.

Als Single teilt man sich die Kosten mit niemandem. Kommt etwas Unerwartetes, z. B. ein Defekt der Waschmaschine, liegen 100% der Kosten bei einer Person. Paare können da schön durch 2 teilen. Sie konnten ebenfalls schon vorher genug Geld zur Seite legen, da sie generell nur für 50% der Kosten aufkommen mussten. Wie sehr trauere ich dem gemeinsamen Sparkonto hinterher, mit dem mein Ex und ich zum heutigen Zeitpunkt eine Hochzeit hätten finanzieren können. Aber auch Trennungen sind teuer. Dafür, dass ich nun so selbstständig leben kann, habe ich einen hohen finanziellen Preis gezahlt.

Abgesehen von den Euronen, die das Pärchenleben spart, wäre mein Leben auch in anderen Punkten radikal verändert. An Freitagen wäre der erste Gedanke nach Feierabend nicht „Wann gehe ich mit wem in die Stammbar?„, sondern: „Wann darf ich endlich mit meinem Herzblatt auf der Couch kuscheln?„. Wochenenden wären reinste Kuschelorgien. Wie gut das meiner Gesundheit tun würde! Mein Körper würde hüpfen vor Freude, wenn er wüsste, wie gesund so ein Pärchenleben sein kann. Ein Gegenüber würde mich vom Dönermann meines Vertrauens fernhalten, und mir lieber etwas Leckeres kochen. Ein Gegenüber würde mich auch bei schlechtem Wetter nach draußen zerren und mich zu einem Spaziergang überreden. Ein Partner ist genau in den Momenten hilfreich, in denen man in das „Single-Loch“ fällt. Das „Single-Loch“ kann man sich wie folgt vorstellen: draußen ist es bitter kalt, es regnet, der Wind weht. Eine einsame Couch steht vor einem großen Fernseher. Dazwischen befindet sich ein Tisch, auf dem es sich Bier und Chips gemütlich gemacht haben. Es flimmert eine Serie über den Bildschirm. Das Netflix Superabo lenkt von der Außenwelt ab. In diesem Loch ist es dunkel, nur das ab und zu aufleuchtende TV-Licht bestätigt, dass sich hier eine lebende Person befindet. Wie in eine Art Winterschlaf fallen viele Singles wenn es kalt wird in dieses Loch. Ein eigener kleiner Raum, der einsam wirkt, aber vor Verletzungen schützt.

Doch was passiert, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten? Ich wache morgens auf und fühle mich schrecklich. Die Mandeln dick, die Nase zu, der Hals schmerzt. Wäre da ein gewisser Jemand, hätte ich einen Tee am Bett, eine Suppe auf dem Herd und einen Arm um mich. Das sind die Dinge, die es braucht um wieder gesund zu werden. Als Single krank zu sein, unterscheidet sich jedoch kaum vom normalen Alltag. Einkaufen gehen, Haustier versorgen, Essen kochen, das nötigste Putzen. Erholungsfaktor gleich 0. Für mich steht fest, Single sein ist nicht gut für die Gesundheit! Wochenenden mit kuscheln verbringen, anstatt mit 2 Promille die Nächte durchzutanzen. Single sein ist ebenfalls schlecht für den Geldbeutel. Was früher zweimal im Jahr Urlaub war, ist jetzt gerade noch genug um den Lebensunterhalt zu sichern.

Wird verdammt noch mal Zeit, dass das ein Ende hat!

 

„Bromance“ auf den ersten Blick

Langsam beginne ich ja tinder teilweise nur noch aus „Recherchegründen“ zu nutzen. Treffe ich mich mit einem tinder Kontakt, schreibe ich schon während des Dates in Gedanken an einem neuen Text.

Soeben schloss sich meine Wohnungstür und ich kann nichts anderes tun, als den Laptop aufzuklappen. Mein Abend war als ruhiger TV Abend geplant. Ich und Netflix, wir sind ein Traumpaar! Noch schnell beim Dönermann meines Vertrauens vorbei, und ab auf die Couch. Die Zeitumstellung tut ihr übriges und versetzt auch das Licht in eine perfekte chill Stimmung.

Während ich mich gemütlich auf meiner Couch einrichtete, schrieb ich mit S.

Wir matchten vor einigen Tagen, und unterhielten uns seit dem relativ gut. S. bot mir an, auf den Abend bei mir vorbei zu schauen. So ganz ernst nahm ich das Angebot am Anfang nicht. Ein fremder Mann neben mir auf der Couch? Muss ja eigentlich nicht sein. Doch dann blitzte ein Gedanke in meinem Kopf auf: „Warum eigentlich nicht? Jetzt wo du schon so viele Idioten getroffen hast, wäre einer mehr oder weniger ja auch nicht tragisch.“. Vielleicht wäre er auch so angenehm, dass ich mich anlehnen könnte, ein bisschen entspannen und nett quatschen.

Noch schnell die Wohnung in Ordnung gebracht, das Make Up gerichtet, da klingelte es auch schon an der Tür. Nach den 5 zu bewältigenden Etagen, stand er vor mir. Hübsch der Herr! Gut angezogen, freundlich lächelnd. Kann man machen!

Wir umarmten uns, und ich drückte ihm ein Bier in die Hand. Sofort unterhielten wir uns ausgelassen. Ich würde ihn als eher extravertiert bezeichnen. Okay, er arbeitet bei Film und Fernsehen, da bleibt einem wohl keine andere Möglichkeit. Nachdem wir uns das Netflix Angebot näher angeschaut hatten, bat er mich die Serie „Californication“ einzuschalten. Aufgrund vieler Empfehlungen, wollte er schon immer mal reinschauen. Ich war nicht vorbelastet, da ich von der Serie vorher noch nicht gehört hatte.

Hätte ich gewusst, was mich erwartet, hätte ich wohl lieber Family Guy angemacht. „Californication“ kann man relativ kurz zusammen fassen: Sex, belanglose Unterhaltung, Sex, Unterhaltung über Sex.

Da saß ich nun da, ein mehr oder weniger wildfremder Typ neben mir, und rumvögelnde Menschen im Fernsehen. Herrlich! Im 10 Minuten Takt erwähnte S., dass das genau seine Serie sei, Frauen, Brüste, so soll das sein!

Unsere Gesprächsthemen wurden von dieser Serie natürlich ebenfalls beeinflusst. Wir unterhielten uns über Affären, Aufreißstrategien und komische Übernachtungssituationen. Hätte ich das ganze von außen betrachtet, hätte ich uns glatt für beste Freunde gehalten.

Es war eine komische Situation. Irgendwie mochten wir uns, konnten die Gesprächsthemen aber nicht auf eine praktische Ebene heben. Ich glaube dieser Herr wäre ein perfekter Wingman und ich seine perfekte Wingwomen. Wir würden uns gegenseitig jemanden aufreißen, und es unserem gegenüber von Herzen gönnen.

Insgesamt kann ich es nicht empfehlen, beim 1. „Date“ so eine sexualisierte Serie zu schauen. Das macht das Ganze um einiges schwieriger. Aber bei uns beiden ging das! Wir konnten lachen und uns gegenseitig peinlich sein. Ich halte ihm sehr zu Gute, dass er nicht einmal ansatzweise versucht hat, mich anzubaggern.

Das erinnert mich an das erste Kennenlernen eines bis heute sehr guten Freundes: Man hat sich total gern, aber komme was wolle, da geht nichts!

Ich glaube, den S. werde ich wiedersehen! Nicht in meinem Bett, aber vielleicht in einem Club, in dem er mir den schönsten Mann im Raum aufreißt 😉