Wie bringe ich einen Menschen dazu mich haben zu wollen? Mich zu begehren? Mich zu lieben? Als Single sind das Fragen die wir uns regelmäßig, wenn nicht sogar tagtäglich stellen. Was ist an mir nicht „richtig“?
Auf solch „dämliche“ Fragen kommen wir nur, weil wir einige unglückliche Verliebtheiten hinter uns haben. Entweder das Objekt der Begierde sagte uns ehrlich, dass wir nicht „die Eine/der Eine“ wären, oder wir trafen auf Exemplare, die direkt den Kontakt abbrachen.
Warum Selbstoptimierung?
Egal wie eine solche Anbahnung endete, sie hinterlässt die Frage: Warum? Wäre es genauso gelaufen, wenn wir 2 kg weniger auf den Hüften gehabt hätten? Haben wir unsere Haare unvorteilhaft getragen? Vielleicht haben wir auch einfach den Anschein gemacht, als wären wir dämlich, weil wir einen Witz nicht verstanden oder einen bestimmten Film nicht gesehen haben. Solche innerlichen Fragen führen mit der Zeit zur sogenannten „Selbstoptimierung“. Wir versuchen alles das an uns zu optimieren, was ein Hindernis für eine erfolgreiche Beziehung darstellen könnte. Schon einmal versucht bei einem Date mit Hobbys wie Lesen oder Fernsehen zu punkten? Das wird in den seltensten Fällen klappen. Nicht dass das langweilige Hobbys wären, sie reichen nur nicht! Heutzutage sollte man mindestens 2-3 Sportarten betreiben, Kulturveranstaltungen besuchen und nebenbei bestenfalls Ehrenamtlich tätig sein. Das neben einem gut bezahlten und fordernden Job. Logisch! Abgesehen von den Hobbys sollte man oft im Ausland gewesen sein, Europa zählt heutzutage schon gar nicht mehr, exotisch muss es sein, damit man als interessante Person wahrgenommen wird.
Alles für die Liebe.
Diese „Anforderungen“ stellen wir automatisch an uns sobald wir merken, dass andere besser anzukommen scheinen, als wir selbst. Wir fangen eine neue Sportart an, lesen Bücher von denen alle sagen man müsste sie gelesen haben. Serien, von denen wir noch nie etwas gehört haben, schauen wir an nur um mitreden zu können. Wir brüsten uns auf Dates mit unserer Sportlichkeit und unseren abgefahrenen Hobbys. Doch oft sind das nur Dinge die wir erzählen, um uns damit interessant zu machen. Wir quälen uns ins Fitnessstudio, weil das letzte Date, welches uns hat sitzen lassen, vielleicht doch die kleine Speckrolle gestört hat. Wir versuchen uns selbst so lange zu optimieren, bis wir der Meinung sind, die beste Option zu sein. Wir wollen der Traumpartner sein.
Optimieren um nicht durchs Raster zu fallen
Wie setze ich das für mich selbst um? Mehr Sport habe ich nachdem ich Single wurde automatisch gemacht, um einen Ausgleich zum frustrierenden allein sein zu schaffen. Außerdem versuche ich meine Koch- und Backfähigkeiten zu optimieren. Es schadet nie, wenn man ein Date mit einem selbstgebackenen Kuchen oder einem leckeren Abendessen beeindrucken kann. Beeindrucken ist das richtige Wort, 08/15 zieht auf dem heutigen Singlemarkt nicht mehr, wenn man nicht einen 08/15 Partner möchte. Wir optimieren nun an allen möglichen Ecken und Enden, damit wir nicht durch das Raster fallen. Dating ist wie ein Casting. Ob man in die nächste Runde kommt, entscheidet der Part gegenüber. Wir legen unsere Fähigkeiten dar, bieten uns an wie ein Stück Wurst in der Fleischtheke. Wer dann nur mit dem Standardrepertoire aufwarten kann, wird gern übersehen. Wir wollen doch einen aufregenden Menschen, keinen der auf der Couch rumsitzt und Bücher liest.
Jeder Korb signalisiert: Du bist noch nicht gut genug
Wo ist die Grenze zwischen Selbstoptimierung und Verbiegen? Die ist sehr schwer zu ziehen. Am Anfang habe ich das alles für mich gemacht, mich in den Dingen verbessert, die mir wichtig waren. So langsam habe ich allerdings das Gefühl, es scheint nicht zu reichen. Jeder Korb verdeutlicht: Irgendwie bist du doch noch nicht an dem Punkt wo du hin möchtest, du möchtest perfekt sein! Perfekt für bestenfalls einen Großteil der Männer. Das würde dann dazu führen, dass derjenige, den du dir aussuchst, dich auch haben möchte! Ein Mann den ich sehr gerne habe, hat mir ernsthaft ins Gesicht gesagt: „Wenn du mal ein Jahr im Ausland gewesen wärst, wärst du perfekt für mich!“. Da scheitert also eine Liebe daran, dass ich meine Zeit mit Arbeiten verbrachte, anstatt in der Weltgeschichte rumzureisen? Es ist besser, man selbst zu sein und auch zu bleiben, trotzdem man allein ist. Ich frage mich, wer schafft das? Wer nimmt jeden Korb hin und versucht nicht weitere Körbe zu vermeiden? Solche Menschen beneide ich! Die können mir bitte gerne ein Stück ihres Selbstbewusstseins abgeben.
Nachricht an mich selbst und alle der Selbstoptimierung verfallenden: „Du bist perfekt, so wie du bist! Vielleicht nicht für die meisten Menschen. Es reicht für EINEN Menschen perfekt zu sein.“