Das menschliche Verhalten ist manchmal wirklich unergründlich. Warum jemand handelt, wie er handelt, bleibt uns oft verborgen. Wieso wird man von jemandem geküsst, der eigentlich keine Zuneigung empfindet? Warum hält jemand Abstand, trotzdem zwischen zwei Menschen Gefühle bestehen? Das sind beispielhafte Fragen, die wir uns oft nicht beantworten können. Sogar das Einschätzen von sehr engen Freunden, kann schon mal schwer fallen. Als meine Beste mir vor einer Weile ihr Veto für meine damalige Liebelei aussprach, war ich verwundert. Wollte sie nicht, dass ich glücklich werde? Konnte sie nicht froh sein, dass ich endlich jemanden gefunden hatte, mit dem eine ernsthafte Beziehung zumindest denkbar gewesen wäre? Ich war ratlos. Bemerkte ich irgendetwas nicht? War der Kerl vielleicht total daneben, und ich übersah es nur? Doch an Silvester, mitten in der Nacht, sagte sie mir endlich ins Gesicht, was in ihrem Kopf vorging: „Ich hatte Angst, dass er dich mir wegnehmen würde.“ – da war sie endlich, da war sie, die Wahrheit! Es lag nicht an dem Kerl an sich, sondern an der Tatsache, dass eine Beziehung uns wieder ein Stück auseinander reißen würde. Das würde passieren. Egal wie viel Mühe wir uns geben würden. Ein Mann würde in welcher Art und Weise auch immer, zwischen uns stehen. Gerade wenn nur ein Part von uns in einer Beziehung wäre, würde der andere Part leiden.
Das ist schon eine kleine Urangst geworden, die hochschwappt, sobald ein interessanter Mann auftaucht. Darum vielleicht auch unser Wunsch, Brüder zu daten. Da würde die Chance bestehen, gleichzeitig in einer Beziehung zu landen, und sehr oft auch zu viert etwas unternehmen zu können. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Beste einen ernsthaften „Kandidaten“ an der Hand hätte, würde mich das vermutlich auch verunsichern. Denn dieser Mann dürfte nicht „Durchschnitt“ sein. Dieser Mann müsste perfekt sein. Ich muss schon von 500m Weite erkennen, wie sehr er meine Beste liebt. Brichst du meiner Freundin das Herz, breche ich dir die Knochen. Welch wahre Aussage! Man sagt ja, dass man nur selbst für die Auswahl eines Partners verantwortlich ist. Das stimmt jedoch nicht. Auch als beste Freundin ist man in der Pflicht zu verhindern, dass sich die Beste „vergreift“. Man versucht objektiv zu sein, und Störfaktoren direkt anzusprechen. Ob das ganze wirklich objektiv ist, wage ich zu bezweifeln.
Wenn meine Beste zum Beispiel ihren Traummann kennenlernen würde, der jedoch weit weg wohnen würde, wäre ich im ersten Moment dagegen. Allein die Vorstellung, dass sie irgendwann wegziehen würde, wäre schlimm. Vielleicht könnte man die Rolle einer besten Freundin bei der Partnerwahl, so wie die Rolle einer Schwiegermutter sehen. Im ersten Moment nett und freundlich, aber jederzeit auf der Lauer nach schlechten Angewohnheiten und Charaktereigenschaften, die wir als Gegenargument vorbringen könnten. Man muss lernen, die Freundin loszulassen, sie einfach machen zu lassen, was sie für richtig hält. Es ist ein ganz schmaler Grad zwischen Freiraum geben, und ins Verderben rennen lassen. So ein bisschen ist man doch schon Mami, wenn man den Großteil seines Lebens zusammen verbracht hat. Das ist schön, das ist gut, aber das kann auch gefährlich werden. Auf das eigene Bauchgefühl zu hören, darf man nicht verlernen. Auch wenn der ein oder andere Freund einen zukünftigen Partner vielleicht nicht als 100% passend empfindet heißt das nicht, dass man keine glückliche Beziehung führen kann. 100% passend gibt es nämlich nicht, da beißt sich die Katze in den Schwanz. Am Ende müssen sich beide Partner in einer Beziehung wohl fühlen. Toll ist es natürlich, wenn auch der Freundeskreis begeistert ist, und sich um den Partner erweitert.
Eine Pflicht ist es in meinen Augen aber nicht. Meine Beste wird immer meine Beste bleiben! Vielleicht sieht man sich nur noch einmal die Woche zum Feiern, aber irgendwann sollte man schließlich auch erwachsen werden. Ein Partner hält nicht davon ab, anstatt mehrmals feiern zu gehen, einfach mal einen Brunch zu genießen, oder einen Filmabend. Idealerweise hat auch die Beste ein „Kuscheltier“, um sich die Freundinnenfreie-Zeit zu vertreiben. Auch wenn ich absolut nicht auf Pärchenabende stehe, stellen sie doch eine Alternative zum ausschweifenden Singleleben dar.
Meine Beste und ich sind ein Team, ein sehr gutes sogar. Sobald sich dort ein Partner dazugesellt, gilt es seinen Platz zu verteidigen und die Rollen neu zu ordnen. Das ist eine Bedrohung, das lässt sich nicht von der Hand weisen. Denkt man aber genauer darüber nach, kann jede Bedrohung auch eine Chance sein. Veränderungen sind nicht immer leicht zu akzeptieren, aber wer weiß, vielleicht macht es das Ganze nur noch besser 🙂