Konzerte haben irgendwie immer etwas Magisches. Man weiß zu Beginn nie, mit welchem Gefühl man aus dem Abend gehen wird. Ist es Euphorie, wie ich sie beim letzten Madsen Konzert spürte? Oder hinterlässt die Stimmung im Saal eher eine Melancholie? Ich war gespannt wie ein Flitzebogen, als ich mich auf den Weg zum Bosse Konzert im Berliner Astra machte. Auf einen Sonntag eine Halle innerhalb von wenigen Tagen komplett ausverkauft zu bekommen, ist schon eine Leistung! Leider siegte auch hier wieder die Profitgier und das Astra wurde so sehr vollgestopft, dass nicht mal alle Zuschauer in den Konzertraum passten. Dementsprechend fühlten wir uns wie kleine Sardinen, die man in eine nicht passende Dose gequetscht hatte. Und wie ist es immer auf Konzerten? Die großen Zuschauer platzieren sich genau vor uns. Klein sind wir nicht, für Frauen ziemlich angemessen, finde ich! Trotzdem bekam ich schnell Nackenschmerzen, da ich meinen Kopf wie ein Wackeldackel ständig von rechts nach links bewegen musste, um etwas von der Bühne zu sehen. Ich wünsche mir eine Regelung, dass Menschen über 1,80m doch bitte rechts und links verteilt werden, damit jeder etwas sehen kann.
Nach der (meiner Meinung nach) guten aber etwas einschläfernden Vorband, ging es auch schon los. Ich hatte Bosse noch nie Live gesehen. Was für eine Verschwendung! Wie ein Flummi hüpfte er über die Bühne, so dass er schon nach dem zweiten Lied komplett hinüber war. Man merkte ihm richtig an, wieviel Spaß ihm der Auftritt machte. „So oder so“ war der zweite Song des Abends, mit dem er das Publikum komplett mit sich riss. Trotzdem kaum Platz in dieser Sardinenbüchse war, sprang und tanzte das Publikum. Langsam entfaltete sich die Magie eines solchen Konzertes. Trotz der Massen, fühlte ich mich wie in einem kleinen Kokon. Ich war ganz für mich und vergas die Welt um mich herum. Laut mitsingend, schloss ich die Augen und ließ vor meinen Augen die zum Song passenden Bilder ablaufen. Als dann „4 Leben“ ertönte, konnte ich kaum noch an mich halten.
„Ich müsste wirklich mal wieder an den See fahr’n
aber mach ich nichtKill die Bar, hau mich raus
aber schlafen kann ich nicht.Immer zehntausend Dinge auf einmal und nichts wird fertig.
Starkstrom an und nie aus
Menschenmeer und ich menschenleerUnd ich renn, ich renn ich renn
ich renn, ich renn
Als hätten wir vier Leben,
doch wir haben nur eins.“
Schon die ersten beiden Textzeilen ließen mir Tränen in die Augen schießen. Ich schluckte kurz und begann auch diese Zeilen leise mitzusingen. Wie wahr sie doch waren. Und ich renn, ich renn ich renn….Ein besonderer Moment. Machte er mir doch klar, dass ich mir doch mal Gedanken darüber machen sollte, was mich glücklich macht und womit ich meine Zeit verbringe.
Es fiel mir schwer, mich aus dieser Melancholie und gedrückten Stimmung wieder zu befreien. Doch als dann „3 Millionen“ erklang, blieb mir nichts anderes übrig, als die Füße tanzen zu lassen. Die Halle kochte. Mit voller Inbrunst sangen die Zuschauer textsicher den kompletten Song durch. Generell war es ein tolles Publikum! Sehr viele Paare, was mich doch eher verwunderte. Aber anscheinend versprühte Bosse mit seinen Songs so viel Liebe, dass einige Pärchen in unserer Nähe kaum noch voneinander lassen konnten. Diese Musik ist einfach voller Herz! Sie packte mich und ließ mich so schnell nicht wieder los. Rückblickend betrachtet, hatte ich wirklich bei jedem zweiten Song Pipi in den Augen. Das muss ein Künstler erstmal schaffen! Ich wünschte mir zwar, „Dein Takt“ von ihm zu hören, aber dabei hätte ich vermutlich eine komplette Packung Taschentücher verbraucht. In diesem Sinne, war das schon gut so.
Trotzdem ich schon leicht heiser war, musste „Schönste Zeit“ noch einmal richtig mitgebrüllt werden. Denn ja, es war die schönste Zeit an diesem Sonntag-Abend! Als überraschend viele bunte Luftballons durchs Publikum flogen, war es einer dieser Momente in dem man glaubt, dass einfach alles perfekt wäre. Bosse hat mich komplett mitgerissen. Ein wenig froh war ich, dass wir nicht in den vorderen Reihen standen. Seine Bühnenshow forderte nämlich seinen Tribut und er war komplett nass geschwitzt. Sozusagen ein rauf und runter hüpfender, transpirierender Flummi. Da Bosse die besten Worte findet, kann ich über dieses Konzert nur behaupten:
„Das war die schönste Zeit
weil alles dort began.
Und Berlin war wie New York
ein meilenweit entfernter Ort.“