Herrentag, oder wie ich es nenne: Affentag. Ich gönne den Männern einen Tag im Jahr, an dem sie sich verhalten dürfen, wie ihre engen sich gegenseitig lausenden Verwandten im Zoo. Ganz sie selbst. Bier trinken, Rülpsen, nach Nicki Laudas Mama rufen und am Ende Oberkörperfrei im nächsten Stadtpark einschlafen, da fehlen nur noch die Bananen!
Fest definierte Rollenbilder gehören der Vergangenheit an
Meine Aufzählung strotzt nur so vor Klichees und das ganz bewusst. Schließlich mussten die Herren das bisschen Affe sein, über das sich die Männerwelt mal definierte, in den letzten Jahren im Zuge der Emanzipierung von Mann und Frau mehr und mehr ablegen. Vorbei die Zeiten in denen Männer sich sicher in ihrer vordefinierten Rolle fühlten. Als Ernährer der Familie hatten sie eine feste Aufgabe, die sie unter festen Rahmenbedingungen ausführen konnten. Hauptsache sie waren pünktlich zum Abendessen zu Hause, um zumindest das Zubettgehen ihrer Kinder aus der Ferne beobachten zu können. Klare Strukturen, die mag Mann gern. Diese klaren Strukturen gehen in den letzten Jahren jedoch immer weiter zurück. Mann soll sich um die Kinder kümmern. Mann soll im Haushalt zumindest einige Aufgaben übernehmen. Mann soll verständnisvoll sein und bitte unbedingt über seine Gefühle sprechen wollen!
Mann sein heißt mutig, stark, aber bitte auch romantisch sein
Die Krux ist, dass diese vielen neuen Erwartungen nicht dafür sorgen, dass Althergebrachtes zurückgestellt wird. Stark muss er sein, der Mann an Fraus Seite. Mutig, ein kleiner und manchmal auch großer Kämpfer. Alles für den Job, alles für die Familie. Und die Romantik bitte nicht vergessen! Es soll heutzutage immer noch Frauen geben, die der Meinung sind, Mann sollte doch bitte für ihre Zuneigung kämpfen müssen. Das beginnt bei der Kontaktaufnahme und endet bei Fraus Hofierung, als wäre sie die Kaiserin von China. Der Mann als Eroberer, der schlussendlich mit einer Trophäe im Arm in seine Höhle zurückkehrt.
Ein Dschungel aus Möglichkeiten, auf dessen Weg immer irgendwo Scheiße liegt
Das Rollenbild des Mannes wird seit Jahren in Frage gestellt, mit dem Ergebnis, dass immer weniger Männer eine Antwort finden. Wer bin ich, und wenn ja, wie viele? Sie stehen vor den gleichen existenziellen Herausforderungen der Rollenfindung, wie wir Frauen. Der Unterschied ist nur, dass ihre Stimme leise wirkt. Wir Frauen rotten uns zusammen, gründen Netzwerke und tauschen uns so lange aus, bis uns Emanzipationsthemen zu den Ohren herauskommen. Das neue, nicht fest definierte Rollenbild des Mannes hat keine Lobby. Es schwankt zwischen Extremen, bei dem es keine Mitte zu geben scheint. Guter Hausmann, leidenschaftlicher Liebhaber, Karrieretyp oder doch lieber ganz anders sein. Ein Dschungel aus Möglichkeiten, auf dessen Weg immer irgendwo Scheiße liegt, in die Mann tritt.
Aus Herrentag wird mehr und mehr Vatertag
So wie die Rolle des Mannes, hat sich auch der Feiertag über die Jahre verändert. Ich erinnere mich gut an die Beulen im Zaun in Seenähe, die nach dem Herrentag stolz gezählt wurden. Mit Bollerwagen und Flieder ausgestattet radelte der Freundeskreis meines Vaters, jedes Jahr aufs Neue, bei Wind und Wetter durch die Weltgeschichte, nur um am Ende nach zu viel Bier den ein oder anderen „Umweg“ anstatt Radweg zu fahren. Heutzutage hat eine Definition dieses Tages an Bedeutung gewonnen: die Familie. Neben dem kirchlichen Christi Himmelfahrt und dem „Affen“-Herrentag feiern wir nämlich etwas ganz wichtiges: den Vatertag. Der Mann als Vater, diese Rolle erfuhr den wohl größten Umbruch. Längere Erziehungszeiten und die Übertragung von mehr Verantwortung, sorgen dafür, dass sich das moderne Familienbild wandelt. So ist es zu begrüßen, dass Mann am Herrentag nunmehr nicht betrunken mit dem Fahrrad eine Beule in den Zaun fährt, sondern mit Kind und Kegel die Parks des Landes bevölkert.
Ob Zeit für die Familie oder Bollerwagentour – Der Feiertag des Mannes gehört denen, die den Schritt wagen, sich selbst zu hinterfragen, um am Ende ihre individuelle Definition der männlichen Rolle zu finden. Auch wenn das bedeutet, für einen Tag Affe sein zu wollen und zu dürfen. Jeder nach seiner Fasson. Liebe Männer, lasst den Herrentag zu eurer Rebellion werden, zum Protest gegen all die Erwartungen, die die Gesellschaft an euch stellt.