Wie mein Freund Pläne durchkreuzte und mich zu einem spontaneren Menschen machte

Pläne sind mir heilig. Ich bin regelrecht im Planungswahn. Wenn mein Leben nicht unkontrollierbare Faktoren beinhalten würde, ich könnte euch schon heute sagen, wo ich mich in zwei Jahren herumtreiben werde. Wie passt es dann zusammen, dass ich einen absolut spontanen Mann liebe?

„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“, hätte nicht nur das Lebensmotto von Hannibal aus dem A-Team sein können, sondern auch meins. Planungsbüro Jule, wäre die perfekte Türbeschriftung für mein Zimmer. Schon seit Kindheitstagen durchdenke ich nicht nur die nächsten Stunden und Tage, sondern meine komplette Zukunft. Auch wenn es ein bisschen abgefahren klingt, selbst mein zukünftiges Rentnerinnen-Leben sehe ich vor meinem geistigen Auge. Singlefrau mit Katzenzucht 😉 Mein Planungswahn hat allerdings zur Folge, dass ich eine Sache besonders hasse: Unzuverlässigkeit. Klappt etwas nicht, wie ich es mir vorgestellt habe, meldet sich meine Unsicherheit und ich habe Angst, die Kontrolle zu verlieren. Nicht kontrollieren zu können, wie sich mein Tag entwickelt, macht mich das nervös. Zu oft wurde ich stehen gelassen, wenn ich mich auf andere verlassen habe. Mit den Jahren habe ich gelernt: Selbst in die Hand nehmen, sonst läuft das nicht.

Mr. spontane Planänderung + Mrs. ich plane sogar meinen Rentenantritt = gescheiterte Beziehung?

Umso härter war es für mich, als ich herausfand, dass es mein Herzblatt mit Planungen jeglicher Art nicht so hatte. Gemeinsame Verabredungen zum Vorbereiten einer anstehenden Party wurden verschlafen, Termine kurzfristig abgesagt und ich stand sprichwörtlich im Regen. Ich fühlte mich bestätigt in der These, mich um alles selbst kümmern zu müssen, damit es funktioniert. Was habe ich mich aufgeregt, getrampelt wie ein bockiges Kind. Doch es änderte sich nichts. Eine Sackgasse, die für meine Beziehung das Aus bedeuten sollte? Gottseidank nicht. Je länger ich mich mit den zahlreichen durchkreuzten Plänen konfrontiert sah, desto ruhiger wurde ich. Ich begann mich nicht mehr auf meine altbekannte Vorausplanung zu verlassen und gestand mir ein, dass ich nun nicht mehr alles in der Hand hatte. Mein Leben wird durch einen anderen Menschen bereichert, der sich nicht nach meinen Planungen zu richten hat. Nachdem ich das erkannt hatte, fiel es mir leichter, die Kontrolle aus der Hand zu geben. Die Verabredung klappt nicht? Verlegen wir sie. Schon wieder den gemeinsamen Einkauf für die nächste Party verschlafen? Ziehe ich einfach alleine los. Meine Pläne konnte ich zwar nicht mehr umsetzen, aber die alternativen Möglichkeiten, die sich abseits dessen auftaten, waren manchmal sogar besser, als der von mir durchdachte Weg.

Eigentlich wollte ich doch an den See…

Ich erinnere mich an einen Sonntag Nachmittag im Sommer, an dem ich unbedingt an eine nahegelegenen See fahren wollte. Die Sonne brannte und ich wollte endlich ins kühle Nass springen. Doch auf der Hinfahrt wurde klar: das läuft mit meinem Herzblatt nicht. Er war müde und bog spontan zum Parkplatz eines Stadtparks ab. Was ärgerte ich mich über diese Planänderung. Einige Stunden später lagen wir wie ein frisch verliebtes Paar auf der Wiese und genossen die Ruhe, die wir am See nie gehabt hätten. Genau so war es richtig. Das Zusammensein mit meinem Herzensmann hat mich spontaner gemacht. Ich gestalte meine Zeit flexibler und gehe nicht gleich an die Decke, wenn etwas nicht nach meinen Plan läuft. Das funktioniert für mich, oder besser gesagt für uns, ziemlich gut. Ab und zu darf ich aber doch das Planungsbüro Jule rauslassen, spätestens, wenn es um die Verwaltung unseres Paarkalenders geht. Aber das ist eine ganz andere Geschichte 🙂