Nüchtern betrachtet…

Nüchtern betrachtet, trinke ich ganz schön viel Alkohol. BÄM! Das ist mal eine Aussage. Wenn ich mir diese Woche anschaue, stelle ich mit Erschrecken fest, dass ich an jedem verdammten Tag Alkohol trinken werde. Mit Glück kann ich den Donnerstag Alkoholfrei gestalten, aber ansonsten? Der Weihnachtszeit geschuldet, gibt es allein im Büro an drei Tagen dieser Woche Glühwein. Dazu ein Bier-Abend in der Lieblingsbar, der Magic Friday mit meinem Lieblingsbarkeeper, die obligatorische Samstagsparty. Da bleibt nicht viel Raum für Saft. Warum ich nicht einfach Alkoholfrei trinke? Weil ich den Zustand des leicht beschwippst seins sehr genieße. Es ist der Moment, an dem die ein oder andere Barriere fällt und ich einfach tue, wonach mir ist. Auch meine Mitmenschen sind lockerer, es wird mehr gelacht und  der Alltagstrott vergessen. Alkohol ist eine Zuflucht. Noch vor 2 Jahren, als ich fest in meiner Beziehung steckte, trank ich sehr selten. Da war mir schon ein Glas Sekt zu viel. Ich habe es einfach nicht gebraucht. Partys konnte ich im Jahr an einer Hand abzählen. Ich habe keinen Mehrwert darin gesehen, etwas zu trinken. Schlagartig änderte sich dies, als ich mich unbewusst von meinem Ex löste. Ich konnte nicht genug bekommen, musste mich betäuben.

Vielleicht ist es das, was Singles oft im Alkohol suchen: Betäubung.

Alkohol begünstigt das Sozialleben sehr. Wie viele Bekannte und mittlerweile sogar Freunde habe ich an feucht fröhlichen Abenden kennengelernt? So einige! Noch vor einem Jahr waren wir eher unbekannte Gesichter in unserer Stammbar. Jetzt können wir uns sicher sein, dass wir nach Betreten erst einmal einige Minuten mit dem Begrüßen der anderen Gäste beschäftigt sein werden. So eine Stammbar kann wie eine kleine Familie sein. Der Lieblingsbarkeeper kennt die Vorlieben und hat geschwind den Lieblingscocktail gemixt. Es ist eine Last die abfällt, wenn ich meine Stammbar betrete. Dann bin ich nicht mehr die einsame, sondern die selbstbewusste und beliebte Jule. Einen Ruf, so wie wir ihn haben, muss man sich erst erarbeiten. Uns hat es viele Katertage und Kopfschmerzen gekostet. Hätte das auch ohne Alkohol funktioniert? Nein! Ohne die richtigen Getränke, hätten wir nie spontan eine Tanzfläche eröffnet. Wir hätten nie die anderen Pub-Nasen kennengelernt, die uns ins Nachtleben der Stadt integrierten.

Sobald sich die haustür hinter uns schließt, ändert sich die Stimmung

Wie sehr sich Partyabende doch von der Realität abheben, bemerke ich meistens an einem Katersonntag. Zu gewohnt ist der Ablauf. Um 7 Uhr morgens stochern wir mit dem Schlüssel am Schlüsselloch der Haustür herum. Sobald sich die Tür hinter uns schließt, ändert sich die Stimmung. Den Spaß und die Ausgelassenheit haben wir draußen gelassen, neben uns nur die Einsamkeit und der üble Geschmack eines Mix aus Gin, Bier, Wodka, Zigaretten. Ich erinnere mich an einen Sonntagmorgen, an dem ich genau an diesem Punkt die Kontrolle verlor. Die Tür fiel ins Schloss, ich konnte mich nicht mehr bewegen. Nach einem tiefen Atemzug sank ich mit dem Rücken an die Tür gedrückt auf den Boden des Flurs. Tränen konnte ich nicht mehr zurückhalten. Wie ein Wasserfall kam alle Trauer und alles Leid aus meinem Körper, ohne dass ich eine Kontrolle darüber hatte. In meiner Hilflosigkeit versuchte ich meinen besten Freund zu erreichen. Ein Psychologe im Freundeskreis, ist manchmal Gold wert. Er wusste sofort, was zu tun war: „Jule, du musst aufstehen. Stell dir vor ich nehme deine Hand und ziehe dich hoch. Du schaffst das!“. Es brauchte einige Zeit, bis ich in der Lage war, seinen Anweisungen zu folgen. Selten habe ich mich so schwach und kaputt gefühlt, wie an diesem Abend. Offizielle Diagnose: Nervenzusammenbruch.

Verdrängung als 1. Hilfe

Nach diesem Erlebnis habe ich versucht so eine Situation zu vermeiden. Einfach nicht mehr allein nach Hause gehen, empfand ich als die sinnvollste Lösung. Das klappte natürlich! Nach ein paar Drinks lässt sich doch öfter mal jemand dazu bewegen, mich heim zu bringen. Verdrängung könnte man das nennen. Es war die 1. Hilfe, die sicherlich zu Beginn sinnvoll war. Dadurch habe ich mir wohl das Selbstbewusstsein erarbeitet, welches mich jetzt auch allein Heim trägt. Ich bezweifle, dass ich solche Emotionen ohne Alkohol je gehabt hätte. Ich hätte allerdings auch nie erkannt, was da in mir los ist. Zu stark ist meine innere Mauer, die solche Gefühle nicht nach außen dringen lässt. Seitdem ich mir bewusst bin, was da in mir schlummert, geht es mir besser.

So schnell werde ich wohl nicht von meinem Alkohol/Partymodus los kommen. Noch bringt es mir zu viel Freude und zu viel spannende Erlebnisse. Jedoch werde ich kleine Schritte machen: Auf der Weihnachtsfeier heute Abend gibt es 2 Gläser Wein für die Stimmung und dann wird nur noch beobachtet. Ich werde sie mir anschauen, die Partybiester. Und ich werde es genießen, mal nicht die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Dafür ist am Magic Friday wieder genug Zeit 😉

Ich will nicht, dass sich Menschen an Heizungen kuscheln, damit ihnen etwas wärmer wird

Wow! Einfach nur Wow! Am Samstag teilte fischundfleisch.com auf Facebook einen meiner Artikel. Das war vorher nicht angekündigt, umso mehr war ich positiv überrascht. Die Reaktionen auf den Artikel, haben mich schlichtweg umgehauen! Aktuell um die 50 Likes, 17 mal geteilt. Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, aber für mich ist das ein großer Erfolg! Richtig vom Hocker gehauen, haben mich die vielen Kommentare. Was mir durch die Bank weg auffiel: das Alter verändert so einiges! Gerade in Bezug auf die Zufriedenheit mit dem Single-Status.

Fischundfleisch.com hat hauptsächlich Leser zwischen Mitte 30 und Mitte 50. Also schon etwas älter als ich. So wie sich Menschen verändern, verändern sich mit dem Alter auch die Probleme. Wie oft habe ich gelesen, dass es kaum etwas Schöneres gibt, als Single zu sein. Oftmals ersetzen Haustiere den Partner. Ich habe mich gefragt, wie sich die Ansichten über die Lebensjahre hinweg so verändern können. Meiner Ansicht nach, hat das viel mit dem biologischen Sinn des Lebens zu tun. Hat man erstmal mit einem Partner ein oder mehrere Kinder in die Welt gesetzt, diese aus dem Gröbsten raus gebracht, ist der biologische Sinn und Zweck einer Beziehung zum größten Teil erfüllt. Manchmal hält ein Paar eben nicht mehr zusammen, als der gemeinsame Hauskredit.

Besonders auffällig bei den vielen tollen Kommentaren unter meinem Text war, dass vor allem Frauen dazu neigen, das Singleleben zu suchen und auch zu genießen. Oftmals entsteht folgende Konstellation: Frau + Haustier. Diese Konstellation gibt es natürlich auch bei Männern, ich denke jedoch, dass dort die Anzahl geringer ist. Ein Haustier gibt einem unglaublich viel, das spüre ich jeden Tag aufs Neue. Ohne meine Mietzekatze wäre ich vermutlich schon depressiv geworden. Ich habe ein Wesen, um das ich mich kümmern kann und welches mir viel Zuneigung zurückgibt. Bin ich dienstlich unterwegs, kann ich kaum schlafen, da mir meine Mietz auf dem Bauch fehlt. Sie passt auf mich auf und sorgt dafür, dass ich mich nicht allein fühle. Was für mich eher eine „Übergangslösung“ ist, scheint im Alter zu DER Lösung zu werden.

Ein Haustier liebt Bedingungslos. Solange wir ihm Aufmerksamkeit und Futter schenken, hat es uns lieb. Das kann man vom Menschen leider nicht sagen. Menschen können nachtragend sein, unfair und gefühlskalt. Oberflächlich betrachtet ist es also eine logische Konsequenz, dass wir nach den „biologischen Notwendigkeiten“ den Menschen an unserer Seite gegen ein Haustier austauschen. Das ist meiner Ansicht nach eine sehr „moderne“ Entwicklung, da wir nicht mehr auf eine andere Person angewiesen sind. Gerade Frauen hatten in der Vergangenheit selten die Möglichkeit, unabhängig zu leben. Sie mussten sich damit arrangieren, den Lebensunterhalt von einem Mann sichern zu lassen. Die Zeiten sind vorbei.

Interessanterweise gibt es wenige Männer, die im höheren Alter mit ihrem Singlestatus zufrieden sind. Ein Leser schrieb, ihm wäre Körperwärme nicht vergönnt und er müsse da eher mit der Heizung kuscheln. Das hat mich schon getroffen. Wie kommt es, dass Frauen so viel besser allein zu recht kommen? Suchen sich Frauen eher eine „Ersatzaufgabe“? Etwas um das sie sich kümmern können? Gelegentlich höre ich, dass Single-Männern um die 50 eine Aufgabe fehlt, eine Daseinsberechtigung. Das ist irgendwie eine ziemlich traurige Vorstellung.

Wenn ich mir vorstelle, wie sich die Gesellschaft noch weiter in diese Richtung entwickelt, besorgt mich das. Single-Frauen mit Katze bzw. Hund, die glücklich ihren Kaffee in der Sonne schlürfen, und im Gegensatz dazu die verbitterten Männer, die sich nicht gebraucht fühlen. Das Bild was da in meinem Kopf entsteht, ist für mich nicht erstrebenswert. Vielleicht ist das auch nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus der Realität den ich da wahrnehme, aber allein der reicht.

Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich an diesem Leben noch etwas ändert? Ich meine, umso älter man wird, desto mehr scheut man Veränderungen! Es ist doch so einfach und unkompliziert, sich nicht auf einen Menschen einstellen zu müssen. Jeder stirbt für sich allein, sagt man. Aber wenn einen dann niemand vermisst, und das Haustier irgendwann etwas zu fressen sucht…okay, schlimme Gedanken, lassen wir das an dieser Stelle!

Vielleicht kann mich jemand aufklären, wie das alles weitergehen soll. Ich will viel öfter lesen: „Ich bin glücklich verheiratet, ich kann mir nichts schöneres vorstellen, als morgens neben meinem Partner aufzuwachen.“ Und das möchte ich bitte durch alle Altersgruppen lesen! Egal ob 20 oder 80. Ich will nicht, dass sich Menschen an Heizungen kuscheln, damit ihnen etwas wärmer wird.

Veto!- Was zählt Bauchgefühl?

Wieviel sollte man eigentlich auf die Meinung sehr enger Freunde geben? Kann es sein, dass sie Dinge sehen, die einem selbst gar nicht auffallen? Oder kann es sein, dass auch die allerbesten Freunde eine Sache falsch einschätzen? Aber von vorn. Ich habe ja bekanntlich begonnen, mich dem ernsthaften Dating zu widmen. Soweit, so schön. Samstagabend sollte der Abend werden, an dem ich merken wollte, ob da mehr Substanz hinter der Sache steckt. Nach einem geselligen Vorglühen, war der Gang auf eine Party geplant. Was uns auf dieser Party erwarten würde, wussten wir im Vorfeld nicht. Sie war mehr nur eine halb öffentliche Veranstaltung. Ebenfalls war nicht bekannt, ob ich auf dieser Party auf meinen aktuellen Datepartner treffen würde. Er war für den Abend schon anderweitig ausgeplant.

Der erste Schock ereilte meinte Beste und mich, als wir den Club betraten. Wer hat bitte die ganzen Kinder hier reingelassen? Zahnspangen und Babyfaces, wohin das Auge blickte. Na das kann ja heiter werden! So galt unsere erste Aufmerksamkeit der Bar. Wodka, Wodka, Wodka. So langsam interessierten wir uns nur noch semi für das Publikum und tanzten ausgelassen zur Musik. Nach und nach trafen endlich unsere liebsten Partyfreunde ein, und der Abend schien noch eine positive Wendung zu nehmen.

Nach einigen Stunden bemerkte ich, dass immer mehr Personal meiner Stammbar im Club ankam. So auch mein aktuelles Date. Natürlich freute ich mich ihn zu sehen, war trotzdem etwas überrascht. Wir begrüßten uns freudig und schafften es auf der Tanzfläche ab und zu miteinander zu quatschen. Ich zog ihn mit auf den Floor und schwang die Hüften. Es dauerte nicht lang, bis wir eng Hand in Hand tanzten. Und schon war es passiert. Er drückte mir endlich einen Kuss auf.

Das war aber langsam wirklich überfällig!“ – sagte ich, nachdem wir uns voneinander gelöst hatten. Er beteuerte, dass er sich bis jetzt bewusst zurück gehalten hatte, um der Sache Ernsthaftigkeit zu verleihen. Ebenfalls berichtete er mir davon, dass eine gemeinsame Bekannte ihn eindringlich davor gewarnt hatte, mir das Herz zu brechen. Süß, wie sich mein Umfeld um mein Herz sorgt. Wir konnten uns kaum voneinander lösen. Wie ungünstig das öffentliche Knutschen war, merkte ich erst später. Ich hatte auch schon vorher nicht den Ruf der Keuschheit in Person. Gerade in meiner Stammbar ist bekannt, dass ich gelegentlich nichts anbrennen lasse. So stand ich nun knutschend mit dem Chef-Barkeeper eben dieser Stammbar im Club, in dem sich ca. 50 % des Barpersonals aufhielten. Zumindest traut sich jetzt niemand mehr, mich an der Bar lange warten zu lassen, das würde sich sonst direkt zum „Chef“ weitertragen.

Kurze Zeit später sahen wir keinen Grund mehr darin, die anderen Gäste zu nerven, und verließen den Club. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, ließ ich doch meine Beste zurück. Das Angebot eines Katerfrühstücks bei mir wurde dankend angenommen, und so hatte ich endlich mal wieder jemanden, an dem ich mich nachts wärmen konnte. Sogar meine Mietzekatze (wird von Fans auch „Dalek“ genannt), fand Gefallen an meinem Gast. Ich sehe es ja immer als Kompliment, wenn sie am Frühstückstisch auf dem Teller meines Besuches sitzt und versucht, dem die Wurst vom Brötchen zu klauen. Alles lief super, besser hätte man es sich nicht wünschen können.

Womit ich nicht gerechnet hatte: Das Vetorecht meiner Besten! Nachdem mein Gast gegangen war, nahm ich vorsichtig Kontakt zu meiner Freundin auf und erkundigte mich über den Grad ihres sauer seins. Gottseidank war dieser gering. Als sie mir dann jedoch ihr offizielles Veto aussprach, war ich verwundert.

Übrigens bekommst du jetzt mein offizielles Veto in Bezug auf A. und dich.“ – der hat gesessen!

Ich finde es gut, dass meine Freunde ihre ehrliche Meinung zu meinen Männern abgeben. Sie kennen mich und können vermutlich sehr gut einschätzen, wer zu mir passen würde. Diesem Veto stimmte auch ein anderer guter Freund zu, so dass an der Sache schon etwas dran sein musste. Wie geht man nun mit so etwas um? Ignorieren macht keinen Sinn, denn irgendwas muss dieses Veto ja ausgelöst haben. Ich muss zugeben, dass der A. und ich optisch eher kein Traumpaar abgeben. Aber was zählt da die Optik? Was genau das Veto ausgelöst hat, konnte meine Beste gar nicht richtig definieren. Bauchgefühl.

Ich bin ein großer Fan von Bauchgefühl und nehme es sehr ernst. Es ist also angebracht, mal darüber nachzudenken, was da dran ist, an diesem Veto. Am Ende entscheide ich, wer oder was mir gut tut, aber einen solchen Hinweis sollte man nicht ignorieren. Wie ist jetzt mein weiterer Plan? Vermutlich werde ich A. unter der Woche nicht sehen. Freitag werde ich versuchen, ihn in der Stammbar zu erwischen. Dann wird sich herausstellen, wie wir nun zueinander stehen. Ob er mich nett in den Arm nimmt, oder das Risiko eingeht, mich vor dem ganzen Laden zu küssen. Letzteres wäre genau das Zeichen, welches es gerade bräuchte. Dann werde ich auch spüren, ob es das ist, was ich mir für die Zukunft vorstelle. Und sollte es das sein, dann ist meine erste Aufgabe, ihn meinen Freunden näher zu bringen. Manchmal täuscht auch das Bauchgefühl und hinter dem Veto versteckt sich doch ein netter Kerl 🙂

Single sein ist teuer und ungesund!

Was wäre, wenn ich in einer Beziehung leben würde? Was würde sich in meinem Leben verändern? Als ich gerade mit Cookie, einem der tollsten Männer der Welt ( 😉 ) schrieb, begann ich mir Gedanken zu machen. Auslöser war meine heute angekommene Nebenkostenabrechnung, die mir ziemlich die Laune versaute. Wie kann ich bitte mehr Wasser und Heizung verbraucht haben? 4 der 12 Monate in 2014 wohnte ich schließlich allein. Die Heizung habe ich generell nicht oft angeschaltet. Okay, vielleicht als Single dann doch ein wenig mehr, da nun mal keine Körperwärme vorhanden war.

Wenn ich mich an die Zeit zurück erinnere, in der ich mit meinem Ex zusammen gewohnt habe, kommt mir das doch etwas rosiger vor. Allein der finanzielle Faktor war enorm. Miete durch 2, Strom durch 2, Versicherungen durch 2, Telefonanschluss durch 2, sogar teilweise Essen durch 2. Ich konnte mir alle 3 Monate eine Kreuzfahrt leisten oder ausgiebig shoppen gehen. Und jetzt? Nun bringt mich schon eine kleine Nachzahlung ins Wanken. Meine Lebenshaltungskosten sind nun einmal um 100% gestiegen! Da frage ich mich, kann sich überhaupt jeder leisten, allein zu sein? Wie machen Menschen das, die nicht das Glück eines gut bezahlten Jobs haben? Wenn ich so recht darüber nachdenke…spendet nicht für Familien, spendet für Singles! Ich hoffe ihr nehmt mir diesen Scherz nicht zu übel, ganz ernst gemeint ist das natürlich nicht.

Als Single teilt man sich die Kosten mit niemandem. Kommt etwas Unerwartetes, z. B. ein Defekt der Waschmaschine, liegen 100% der Kosten bei einer Person. Paare können da schön durch 2 teilen. Sie konnten ebenfalls schon vorher genug Geld zur Seite legen, da sie generell nur für 50% der Kosten aufkommen mussten. Wie sehr trauere ich dem gemeinsamen Sparkonto hinterher, mit dem mein Ex und ich zum heutigen Zeitpunkt eine Hochzeit hätten finanzieren können. Aber auch Trennungen sind teuer. Dafür, dass ich nun so selbstständig leben kann, habe ich einen hohen finanziellen Preis gezahlt.

Abgesehen von den Euronen, die das Pärchenleben spart, wäre mein Leben auch in anderen Punkten radikal verändert. An Freitagen wäre der erste Gedanke nach Feierabend nicht „Wann gehe ich mit wem in die Stammbar?„, sondern: „Wann darf ich endlich mit meinem Herzblatt auf der Couch kuscheln?„. Wochenenden wären reinste Kuschelorgien. Wie gut das meiner Gesundheit tun würde! Mein Körper würde hüpfen vor Freude, wenn er wüsste, wie gesund so ein Pärchenleben sein kann. Ein Gegenüber würde mich vom Dönermann meines Vertrauens fernhalten, und mir lieber etwas Leckeres kochen. Ein Gegenüber würde mich auch bei schlechtem Wetter nach draußen zerren und mich zu einem Spaziergang überreden. Ein Partner ist genau in den Momenten hilfreich, in denen man in das „Single-Loch“ fällt. Das „Single-Loch“ kann man sich wie folgt vorstellen: draußen ist es bitter kalt, es regnet, der Wind weht. Eine einsame Couch steht vor einem großen Fernseher. Dazwischen befindet sich ein Tisch, auf dem es sich Bier und Chips gemütlich gemacht haben. Es flimmert eine Serie über den Bildschirm. Das Netflix Superabo lenkt von der Außenwelt ab. In diesem Loch ist es dunkel, nur das ab und zu aufleuchtende TV-Licht bestätigt, dass sich hier eine lebende Person befindet. Wie in eine Art Winterschlaf fallen viele Singles wenn es kalt wird in dieses Loch. Ein eigener kleiner Raum, der einsam wirkt, aber vor Verletzungen schützt.

Doch was passiert, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten? Ich wache morgens auf und fühle mich schrecklich. Die Mandeln dick, die Nase zu, der Hals schmerzt. Wäre da ein gewisser Jemand, hätte ich einen Tee am Bett, eine Suppe auf dem Herd und einen Arm um mich. Das sind die Dinge, die es braucht um wieder gesund zu werden. Als Single krank zu sein, unterscheidet sich jedoch kaum vom normalen Alltag. Einkaufen gehen, Haustier versorgen, Essen kochen, das nötigste Putzen. Erholungsfaktor gleich 0. Für mich steht fest, Single sein ist nicht gut für die Gesundheit! Wochenenden mit kuscheln verbringen, anstatt mit 2 Promille die Nächte durchzutanzen. Single sein ist ebenfalls schlecht für den Geldbeutel. Was früher zweimal im Jahr Urlaub war, ist jetzt gerade noch genug um den Lebensunterhalt zu sichern.

Wird verdammt noch mal Zeit, dass das ein Ende hat!

 

Manchmal muss man sich emotional entblößen

Amazon ist ein toller Laden! Die wissen immer schon vor mir, was ich demnächst brauchen werde. Genauso geschehen mit meiner neusten Errungenschaft im Bücherregal.

Die Single-Falle“ von Lena Kornyeyeva. Veröffentlicht im September 2015. Als Untertitel lautet: „Frauen und Männer in Zeiten der Selbstverwirklichung„. Da schlägt das kleine Jule-Herz Purzelbäume und packt ein Exemplar ohne Rücksicht auf Verluste in den Warenkorb.

Ich konnte es kaum abwarten endlich mit dem Lesen zu beginnen, als das Buch bei mir an den Arbeitsplatz geliefert wurde. Ich als Luxusweib nutze natürlich unsere Hauspost, um mich nicht zur Post bewegen zu müssen 😉 Da lag es nun, dieses schöne weiblich-rosa Büchlein. Mir war schnell klar, dass ich einen Text über dieses Buch schreiben musste. Eine Rezension in einen Text zu fassen, erschien mir schier unmöglich! Warum? Weil es so viele Aspekte in diesem Buch gibt, über die man reden sollte. Manchmal sind es Zitate, manchmal Ansichten, die ich hier gerne beleuchten möchte. So zerstückle ich meine Rezension in viele kleine Teile und greife mir regelmäßig Zitate heraus. Ich werde dies nicht chronologisch tun.

Heute beginne ich mit Seite 168 aus Kapitel 7 „Am Abgrund“. Dazu eine kleine Vorgeschichte. Wie meine Facebookleser schon wissen, war ich diese Woche in Leipzig. Ich besuchte dort eine Online-Bekanntschaft. Er griff sich direkt meine Lektüre und blätterte auf der Suche nach meinen Textmarker-markierten Stellen. Hängen blieb er an dem folgenden Zitat:

Wenn Sandra nach Hause kommt, hat sie niemanden, mit dem sie über den Tag reden kann, niemanden, der sie lobt oder unterstützt. Mit Verzweiflung in der Stimme sagte sie mir: >>Ich wünsche mir doch nur, dass ich begehrt werde! << Begehrt werden heißt: beachtet werden, respektiert werden, einzigartig und unersetzbar für jemanden sein – und natürlich auch geliebt werden! Wenn sie sich über ihre Singlebörse mit einem Mann verabredet, kommt es manchmal auch zum Sex. Aber auch den Männern gegenüber bleibt sie die coole Chefin, die starke Frau. Sie trägt eine Maske, die es auch den Männern schwer macht, Lob und Zuneigung zu äußern. So wird es für sie fast unmöglich, das zu bekommen, was sie sich am meisten wünscht. Hinter der coolen Maske ist sie eine zarte Person. Doch seit ihrer Kindheit hat sie gelernt, keine Schwäche zu seigen, und ist als Filialleiterin damit immer gut gefahren – nur nicht im Privatleben.

Mein Date schaute mich mit großen Augen an.

Das mit der Maske, das stimmt, schau dich nur an!“ – sagte er mir, mit dem Finger auf die Textstelle tippend.

Er hatte recht! Hätte man im Zitat das Wort „Filialleiterin“ durch „Projektleiterin“ ersetzt, hätte es eine Beschreibung über mich ergeben. Es war komisch so eine Einschätzung von einem eigentlich fremden Menschen zu bekommen.  Diese Maske, die ich während meiner Verabredungen trage hat sich so gut angepasst, dass ich sie selbst kaum noch spüre. Ich bin die erfolgreiche Jule, die starke Jule, die selbstständige Jule. Schaut her und erkennt an, dass ich auch ohne euch zurecht komme! Dabei wünsche ich mir doch, dass jemand bemerkt, dass ich eben nicht das starke Mädchen bin.

Ich führe auch genau aus diesem Grund mein Date in Leipzig an. Stundenlang versteckten wir uns hinter unseren Masken, zogen uns auf und versuchten alles, um unsere harte Fassade zu schützen. Das funktionierte so lange, bis wir durch zwei Feuerzangenbowlen angeheitert auf der Couch lagen und die Gesprächsthemen aus der Luft griffen, ohne vorher groß darüber nachzudenken. Mit einem Thema traf ich bei ihm einen sehr wunden Punkt. Plötzlich fiel die Maske und er zeigte mir ein Gesicht, welches ich bei ihm noch nicht vorher erkannt hatte. Da saß mir ein Mann gegenüber, der einiges in seinem Leben durchgemacht hat. Ein Mann, der nichtmal seinen engsten Freunden von diesen Verletzungen erzählte. Im ersten Moment war ich hilflos. Wie geht man in so einer Situation vor? Wie verhindert man, dass zu tief gegraben wird und alte Wunden aufreißen?

Ich schätze es sehr, dass du mich an dieser Geschichte teilhaben lässt. Danke!“ – sagte ich einfühlsam und griff seine Hand.

Ich erkenne gerade etwas in dir, was ich die ganze Zeit gesucht habe.“ – ergänzte ich und sah ihn von diesem Moment an mit anderen Augen.

Er hätte für mich niemals stärker sein können, als in diesem Moment. Keine Betonfassade hätte in mir so viel Respekt auslösen können. Nachdem wir einige Momente schwiegen, setzte ich zum Kuss an. Ich konnte nicht anders! Diese Art der Verletzlichkeit bei einem Mann zu sehen, wirkte auf mich ungemein anziehend. Der Kuss war nicht wie ein normaler „Date-Kuss“, er war inniger und gefühlvoller. Er war auch verständnisvoller und vorsichtiger. Zwischen uns brach ein Eisberg, den wir uns durch unsere Masken erschaffen hatten.

Erstaunlicherweise verändert sich nicht nur mein Verhalten ihm gegenüber, sondern auch sein Verhalten mir gegenüber. Jetzt wo die harte Schale geknackt war, brachte er mir ehrliche Zuneigung entgegen. Er hielt meine Hände, nahm mich in den Arm und gab mir das Gefühl, sicher bei ihm zu sein. Sicher fühlte ich mich auch davor, aber es war jetzt eine emotionale Sicherheit. Unbewusst machte er mir das Versprechen, auch auf meine Gefühle aufzupassen, soweit es ihm möglich war.

Am folgenden Tag erkannten wir uns beide kaum wieder. Wir waren von zwei einander aufziehenden, starken Menschen zu zwei aufeinander achtenden und sich achtenden Menschen geworden. Wie gerne erinnere ich mich an eine Situation in der Stadt. Wir erlebten einen Moment, der uns beide aufwühlte und gerade für mich sehr unangenehm war. Normalerweise bin ich es gewohnt, dass sich Männer in so einer Situation zurückziehen bzw. mich das Problem lösen lassen. Meine Begleitung bemerkte mein Unwohlsein und zog meine Hüfte an sich heran. Er vermittelte mir damit: „Ich habe wahrgenommen, dass du dich unwohl fühlst. Ich bin an deiner Seite.“

Es ist so lang her, dass ich das Gefühl hatte, jemand steht an meiner Seite. Dass dort jemand ist, der mir etwas abnimmt, war ungewohnt. Wir waren in der Lage die Schwäche des Anderen anzuerkennen und so zu handeln, dass wir uns gegenseitig unterstützen konnten.

Auf der Heimfahrt ging mir das Zitat aus „Die Single-Falle“ noch einmal durch den Kopf. Hinter meiner Maske beware ich meine Schwäche auf. Ich verstecke dort die Dinge, die mich angreifbar machen. Es sind aber nicht nur Dinge die mich angreifbar machen, sondern auch die Dinge, die mich weich machen. Ich glaube erst das Zeigen der weichen Seite, löst in einem Mann das Gefühl aus, eine Frau beschützen zu wollen.

Lange habe ich versucht Situationen herbeizuführen, in denen ich beschützt werden sollte. Warum das nie geklappt hat, ist mir nun ein Stückchen klarer. Manchmal muss man sich emotional entblößen, um erkannt zu werden. Dass dies nicht einseitig klappt, sollte jedem bewusst sein. Behält der Mann seine undurchdringbare Schale bei, wird er nie spüren, wenn eine Frau eine Hand zum Halten braucht.

 

 

Ich streike! – Zombifizierung der Liebe

Ich will das nicht!“ – hallt es in meinem Kopf. „Ich will darüber nicht nachdenken!“ – stampfen meine Gedanken wie ein kleines Kind mit dem Fuß auf. Seit Stunden versuche ich mir kluge Gedanken zu machen. Mein Wochenende muss ja irgendwie verarbeitet werden. Bruchstückhaft kommen mir ansatzweise kluge Formulierungen in den Kopf, die aber direkt wieder zu den Ohren herauspurzeln.

Ich suche nach einer tiefgreifenden Erkenntnis, nach einer Erleuchtung oder einer neuen Meinung. Umso länger ich darüber nachdenke, desto mehr stelle ich fest: Mein Kopf streikt!

Er will sich nicht mehr mit Männern beschäftigen. Da ist eine kleine aber feine Tür zugegangen, die jetzt klemmt. Was hinter dieser Tür steckt, möchte dort auch bleiben.

Die Kompensation,  die am Wochenende wieder meinen Tagesablauf bestimmte. Feiern, trinken, schlecht schlafen, nutzlos herumliegen, trinken um die Müdigkeit zu verdrängen, feiern um der gelebten Zeit einen Sinn zu verleihen.

Es folgte schlecht schlafen und die besagte Gedankensperre.

„Aber irgendwie habe ich dann nicht aufgepasst, als aus cool tiefgekühlt wurde. Ich muss versehentlich auf die Frosttaste gekommen sein, eingefroren, während das Leben drumherum weiterging. Vielleicht hätte ich besser auf einen anderen alten Tocotronic-Song gehört: »Sich rar machen bringt ja nichts / Wenn es niemand merkt«.“

Ich fand mich heute morgen in einem Text der Süddeutschen wieder. Lösten doch vor einiger Zeit solche Wochenenden noch positive Gefühle in mir aus, sitze ich nun schulterzuckend vor dem Rechner und fühle keinen Sinn. Wie lang ist es eigentlich her, dass ich so wirklich verliebt war? Wie lang ist es her, dass ich jemanden angeschmachtet habe, der kein Arschloch war?

Wo sind die warmen Gefühle in der Bauchgegend, nach denen ich mich immer sehnte?

Das passt nicht zu mir. So war ich nie, und so wollte ich nie werden. Ich trug mich von Schwärmerei zu Schwärmerei, um lächelnd durch die Welt zu tanzen. Und nun? Ist es leer. Dieses Gefühl im Bauch, einfach leer.

Hoffnung weg, Motivation weg.

Wie eiskalt ich sein kann, würde ich gerne mal ausprobieren. Wie sehr ist der Prozess der Unterkühlung schon fortgeschritten?

Ein Testobjekt ist schon gefunden. Sich selbst als „Arsch“ bezeichnend, behandelt er mich kontinuierlich wie eine kostengünstige Prostituierte. So lange dieser Umgang digital erfolgt, kann ich damit einigermaßen leben. Auf Forderungen wird einfach nicht eingegangen,  gut ist.

Generell habe ich aktuell den Eindruck, dass es sich einige Männer sehr leicht machen. Durch tinder & Co. sind Frauen noch mehr zur „Ware“ geworden, die man sich bei Bedarf aus dem Schrank nehmen kann. Da wird man schnell mal zur kostenfreien Prostituierten.

So drängte der besagte „Arsch“ am Wochenende darauf, dass ich doch bei ihm vorbei kommen solle.

Seit wann kommt der Berg zum Propheten?“ – fragte ich scherzhaft, um auszurdücken, dass er sich schon bewegen müsste, wenn er etwas von mir wollen würde.

Deine Einstellung finde ich nicht in Ordnung!“ – erhielt ich als Reaktion. Es wäre schließlich schon fast eine „Ehre“ eine Stelldichein mit ihm zu verbringen. Da müsse sich Frau auch bewegen! Auf meinen Hinweis, dass für solche Situationen ein spezialisierter Berufszweig existiert, erhielt ich nur böse Kommentare.

Aber genau darum ist dieser Herr das perfekte Testobjekt. „Objekt“ trifft es nämlich ziemlich gut! Schaffe ich es seine Kälte zu spiegeln, ohne mich dabei schlecht zu fühlen, bin ich vermutlich endlich an dem Punkt, an dem sich die meisten Singles befinden. Die Resignation und Gefühlskälte ist groß genug, um das eigene Herz so einzumauern, dass es kaum von einer Abrissbirne befreit werden könnte.

So langsam verstehe ich, warum mir im Singleumfeld kaum offene und fröhliche Gesichter entgegen blicken. Die meisten arbeiten sich an ihrem Gegenüber ab, und entsorgen es dann auf dem fein säuberlich angelegten Gefühlsfriedhof. Sie ziehen weiter und lassen ihre „Opfer“ zu Ihresgleichen mutieren.

Das ist ein bisschen so, als würde eine Zombifizierung statt finden. Ein Zombie verwandelt Menschen in neue Zombies. Eine Krankheitswelle, die nun anscheinend auch bei mir angekommen ist.

So schmiss ich am Samstag Abend einen vermutlich netten Herren auf meinen Gefühlsfriedhof, weil ich einfach nicht anders konnte. Er war irgendwie im Weg. Er war nicht kalt genug und Wärme macht einem Zombie Angst.

Wer mir keine Angst macht, ist der „Arsch“, der mir nichts gutes will. Da kann mir nichts passieren. Der hat kein Interesse an meiner Mauer, der verstärkt sie gerne noch um ein paar Steine.

Wenigstens können sich zwei Zombies nicht mehr infizieren. Wir können uns am Ende auf die Schulter klopfen, bevor wir unser Gegenüber auf den Gefühlsfriedhof kehren und zukünftig nicht mal mehr als ein müdes Lächeln für ihn übrig haben.

Ist es nicht bezeichnend, dass man Zombies nicht ins Herz schießen muss, sondern in den Kopf?