Hört auf die Frauen optimieren zu wollen!

Es ist wieder an der Zeit, meinen sehr geschätzten Lieblingsautoren Michael Nast zu zitieren:

„Frauen wird ständig gesagt, dass sie sich verbessern müssen. Sie werden in eine Selbstoptimierung gezwungen. Sie sollen unzufrieden mit sich selbst sein, und zwar nur aus einem Grund: Sie sollen Geld ausgeben, für Kleidung, Fitness-Studio oder Pflegeprodukte. Wir sind schließlich Konsumenten einer Konsumgesellschaft, und Frauen gelten ja erwiesenermaßen als bessere Konsumenten.“

Diese Zeilen stammen aus einer Kolume, welche Michael für die Zeitschrift „freundin“ schreibt. Fragen, welche die Damen brennend interessieren, werden hier beantwortet. Der Titel der zitierten Kolumne lautet: „Was macht Frauen attraktiv, die gar nicht euer Typ sind?„. Ich kann da absolut zustimmen! Das Idealbild einer Frau ist heutzutage so verkorkst, dass ich nur die Hände über den Kopf schlagen kann. Wisst ihr, ich sehe mich selbst als Opfer dieser Konsumgesellschaft und dieses Optimierungszwanges. Allerdings sehe ich nicht unbedingt die großen Beautyfirmen oder Modehäuser in der Schuld, sondern die Männer! Wie ich darauf komme? Ich für meinen Teil fühle mich nicht schlecht, wenn ich mir Modezeitschriften ansehe. Okay, vielleicht schon ein bisschen, weil ich mir das 1000 € Kleid nicht leisten kann, aber das ist eine andere Baustelle. Schaue ich mir die Models und die Diätvorschläge an, denke ich mir: „Aha, okay, die machen das so. Ich mache das nicht so, und das ist okay.„.

Man möchte also meinen, ich kann mich da von der Gesellschaft abgrenzen und mein eigenes Ding durchziehen. Falsch gedacht! Es sind die Männer, die mir diesen Optimierungsdrang aufzwängen. Als Beispiel fällt mir da sofort mein Polizist aus Leipzig ein. Wie oft ich mir von ihm anhören durfte, dass ich ja doch ein bisschen zu „mollig“ wäre, habe ich nicht gezählt. Man beachte, dass ich keineswegs dick bin, Idealgewicht nennt man sowas. Das medizinische Idealgewicht entspricht aber keineswegs mehr dem gesellschaftlichen Idealgewicht. Kleidergröße 38 ist heute die neue Kleidergröße 42. Ich weiß, dass mich dieser Mann mag, sehr sogar! Trotzdem kann er es nicht lassen, an mir rumoptimieren zu wollen. „Zieh doch mal was eleganteres an.„, „Du solltest dich jeden Tag schick für mich machen.„, „Wenn du zu dem Kleid noch Strapse anziehst, sieht das viel schicker aus.„. Das können natürlich auch nur nett gemeinte Hinweise sein, aber bei mir kommt oftmals an: „So wie du bist, reicht es mir noch nicht.„.

Wir Frauen sollen natürlich sein, in uns ruhen. Aber wie sollen wir das schaffen, wenn Männer uns ständig versuchen in eine Form zu pressen? Vielleicht haben auch sie diesen gesellschaftlichen Druck? Vielleicht haben sie Angst, vor ihrem Umfeld nicht bestehen zu können, sobald sie eine Frau an ihrer Seite haben, die eben nicht dem gesellschaftlichen Idealbild gerecht wird? In der Gesellschaft trägt eine „richtige“ Frau nun mal gern hohe Schuhe, Handtasche, perfektes Make Up und bestenfalls noch einen kurzen Rock. Das strahlt Weiblichkeit aus und ist dementsprechend anziehend. Ich möchte nicht bestreiten, dass es Frauen gibt, die sich so wohl fühlen. Auch ich genieße es mit Absätzen und Kleidchen durch die Stadt zu stöckeln! Aber das bin nicht ich! Das ist meine Maske die ich aufsetze, um attraktiv auf Männer zu wirken.

Geht es euch Männern eigentlich auch so? Versucht ihr das Idealbild zu verkörpern? Orientiert ihr euch an sexy Schauspielern oder den starken Männern in der retro Cola-Werbung? Ich glaube, das müsst ihr gar nicht! Die Attraktivität eines Mannes definiert sich für mich nicht durch Muskelshirt und Solariumbräune, absolut nicht. Jeans, Stoffhose, Bermudas…mir doch Latte! Es muss zu euch passen. Wo sind denn die Männer, die das bei Frauen genauso sehen? Wo sind die Männer, die einer Frau, auch wenn sie noch so fertig aussieht und nicht zueinander passende Klamotten trägt, sagen: „Du bist wunderschön!„. Und zwar nicht, weil sie optisch besonders was her macht, sondern weil sie den Charakter durchscheinen sehen.  Charakter macht schön!

Kennt ihr das, dass eine Person euch im ersten Moment nicht sonderlich attraktiv erscheint? Natürlich kennt ihr das 😉 Aber dann kommt der Moment, in dem ihr erkennt, was diese Person ausmacht. Und schwupps, fällt euch dazu ebenfalls auf, dass diese Person ziemlich schöne Augen hat und generell, einfach ein schöner Mensch ist. Schönheit vergeht! Schönheit auf den zweiten Blick nicht.

So sehr der Mensch vielleicht auch durch seine Biologie und die Gesellschaft geprägt ist, sollte man immer einen zweiten Blick riskieren. Nur weil der BMI oder der Klamottenstil nicht passt, entscheidet das nicht über die Schönheit eines Menschen. Wenn man das weiß, kann man mit vielen Dingen besser umgehen.

Guck doch mal, der hat doch eine ganz komische Körperform und schau wie der sich anzieht, das passt nicht zu dir!“ – so, oder so ähnliche Aussagen hörte ich oft in meinem Leben. Heute kann ich sagen: „Na und? Was interessiert mich das? Der hat mich letztens einen ganzen Abend lang zum Lachen gebracht, wo liegt also das Problem?“ Ich würde mir wünschen, dass diese Erkenntnis sich viel mehr rumspricht. Liebe Männer, bitte wagt einen zweiten Blick! Und tut mir einen Gefallen: optimiert nicht an den Damen rum. Sie sind, wie sie sind! Wenn ihr optimieren wollt, kauft euch eine Schaufensterpuppe, die könnt ihr jeden Tag schminken, anziehen und zur Not auch mit ins Restaurant nehmen, auch in Kleidchen und Strapsen 😉