Lebensabschnittsgefährte oder Partner fürs Leben? Gebt euch nicht mit Zwischenlösungen zufrieden

Die Liebe ist eine wunderbare Sache. In meinen Augen ist sie die Emotion, welches das Leben erst so richtig Lebenswert macht. Flatternde Schmetterlinge, innige Küsse und das Gefühl, mit diesem Menschen an der Hand bis ans Lebensende in den Sonnenuntergang schlendern zu können. Romantische Vorstellung, oder? Die Realität sieht leider anders aus.

Ich setze mich ab und zu gerne in ein Restaurant und beobachte die Menschen um mich herum. Ich versuche darauf zu achten, wie vor allem Paare dort miteinander umgehen. Es ist faszinierend zu sehen, was für unterschiedliche Verhaltensweisen man in nur kurzer Zeit beobachten kann. Frisch verliebte Paare, die die Hände nicht voneinander lassen können und sich kitschig verliebt in die Augen sehen sitzen neben Paaren, deren Aufmerksamkeit eher ihrem Smartphone gilt, als der Person gegenüber. Umso länger zwei Menschen eine Beziehung führen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass aus dem ehemals kitschig verliebten Paar eines wird, welches sich nicht mehr füreinander zu interessieren scheint. Muss das so sein? Und vor allem: Was ist zu tun, wenn sich der „Partner fürs Leben“ doch als Lebensabschnittsgefährte entpuppt?

Liebeswolken wandeln sich in Regenschauer

„Ich verstehe nicht, warum Claudia und Frank noch zusammen sind.“, erzählte mir eine Freundin, während wir auf den Treppen vor unserer Lieblingsbar saßen. Claudia und Frank waren schon über viele Jahre zusammen, eine typische Jugendliebe. Noch vor wenigen Jahren beneidete ich sie um ihre Langzeitbeziehung, die nach außen hin so glücklich schien. Die erste gemeinsame Wohnung, zusammen urlauben, richtiger Pärchen-Alltag. Doch dieses Bild wendete sich schnell. Probleme im Job, Streit um Alltagskleinigkeiten, die rosaroten Liebeswolken wandelten sich mit der Zeit zu Regenschauern und kleinen Gewittern. Das Glück, welches noch vor wenigen Jahren in den Augen der beiden strahlte, war wie weggeblasen. Besonders Claudia war gezeichnet von den Konflikten, die sie tagtäglich durchlebte. Warum sie das alles mitmachte, fragten wir uns im Freundeskreis. Sie wusste es selbst nicht, gestand sie einer Freundin, nachdem sie sich wiederholt über Frank beschwert hatte. „Wir sind doch nun schon so lange zusammen, da gibt es irgendwann keinen Weg mehr zurück.“. Die vielen Jahre, die die beiden zusammen waren, dienten als Legitimation für den weiteren Bestand der Beziehung. Die Suppe hatten sie sich eingebrockt, die mussten sie jetzt auch auslöffeln.

Lebensabschnittsgefährte, nicht der Partner fürs Leben

Ich schüttelte mich, als ich mir vorstellte, wie dieses Paar in 10 Jahren miteinander leben würde. In meinem Gedanken sah ich getrennte Schlafzimmer, getrennte Freizeitgestaltung, getrennte Leben. Das alles unter dem Deckmantel der „Liebe“. Das schließt sich doch aus, oder? Eine Horrorvorstellung. Ich glaube Claudia hatte  ähnliche Befürchtungen, sobald  sie sich ihre gemeinsame Zukunft vor Augen hielt. Sie war nicht mit dem Mann zusammen, mit dem sie ihr Leben verbringen wollte. Solche Beziehungen verzerren das Bild. Nicht dass am Ende jeder glaubt, es würde sowieso irgendwann so kommen. 

Unglückliche Paare möchte ich am liebsten schütteln

Ist man unglücklich, trennt man sich, dachte ich. Hilft auch das bemühteste Arbeiten an der Beziehung nicht, muss man Konsequenzen ziehen. Alles andere ist verschwendete Lebenszeit. Es macht sogar depressiv, wenn man sich mit dem nicht zufriedenstellenden Zustand abgibt und einfach im Alltag verharrt. Am liebsten würde ich an diesen Paaren herumrütteln, die in solchen Beziehungen verweilen. So lange schütteln bis ihnen bewusst wird, wie sie gerade ihr Leben verschwenden. Sie leben im emotionalen Stillstand. Welches Glück ihnen doch entgeht. Die Zeit, die sie damit verschwenden, über den Partner zu klagen, könnten sie an der Hand der Person verbringen, die sie wirklich glücklich machen könnte, und das für mehr als einige wenige Jahre. Lebenszeit ist kostbar. Sich darüber klar zu werden, ob man sie mit dem Menschen teilen möchte, der jeden Morgen neben einem aufwacht, ist der erste Schritt. Möchte ich das, bleibe ich. Möchte ich das nicht, gehe ich. Konsequent und ohne zurückzublicken. Ihr seid für euer Lebensglück selbst verantwortlich. Ihr seid dafür verantwortlich, dass aus Lebensabschnittsgefährten wieder Partner fürs Leben werden.

In was für Beziehungen leben wir eigentlich?

Freitagabend – Beziehungstalk! Wie sehr freue ich mich im Moment, wenn ich spontan nach einem abendlichen Bierchen gefragt werde. Seitdem auf meiner Stirn „Vergeben!“ steht, ist das leider eine Seltenheit geworden. Umso mehr fieberte ich dem Treffen mit einem guten Freund entgegen. Wir hatten uns schon eine lange Weile nicht mehr gesehen, da er, seit er sich in einer Beziehung befindet, so ziemlich vom Erdboden verschluckt ist. Das klappt sogar, wenn man nur 500m Fußweg voneinander entfernt wohnt, verrückt! In einer Bar um die Ecke, machten wir es uns am Tresen gemütlich. Das obligatorische Bier durfte natürlich nicht fehlen. Auf meine Fragen, wie es denn so laufen würde in seiner Beziehung, konnte ich die Antwort schon in seinem Gesicht ablesen. Irgendwas war da nicht in Ordnung, irgendwo drückte der Schuh. Sehr überrascht hat mich das nicht. Wenn ich so zurückdenke, war in dieser Beziehung noch nie etwas in Ordnung. So zumindest mein Eindruck. Als eine gute Freundin, wie ich nun mal bin, hörte ich mir den Verlauf der letzten Wochen und Monate an. Naja, ich versuchte es zumindest! Schon nach wenigen Sätzen, musste ich mich an meinem Bier festkrallen, um nicht aus Versehen spontane Erwürgungsversuche zu starten. Was mir da berichtet wurde, machte mich wütend und sprachlos. Hätte ich nicht gewusst, dass mir von einer Beziehung erzählt wurde, hätte ich es glatt für eine zementierte Feindschaft gehalten. Beleidigungen, ständige Trennungen, Streit um Geld…um nur mal die gravierendsten Punkte zu erwähnen. Was bewegt Menschen dazu, freiwillig mit einer Person zu leben, die ständig beleidigt und verletzt?

Du musst diese Frau rausschmeißen! Und sie danach direkt verklagen!“ – entfuhr es mir. So schockiert war ich. Verklagen deshalb, weil sie eine nicht unerhebliche Geldsumme an Schulden bei ihm hatte. Miete zahlen? Wer braucht denn sowas? Solche Frauen machen mich wütend! Einen so lieben Kerl ausnutzen und für ihre Nachfolgerinnen versauen. Klasse!

Ich verstehe nicht, wie man so eine Beziehung aufrechterhalten kann. Doch er ist da nicht der Einzige. Es gibt so viele Menschen die in Beziehungen leben, bei denen ich schreiend wegrennen würde. Eine Beziehung soll Kraft geben und nicht Kraft kosten! Nur weil es in den ersten Wochen „so toll gepasst hat„, muss man sich doch nicht ein Leben lang zusammen quälen. Manchmal habe ich das Gefühl, die Beteiligten merken gar nicht, was bei ihnen falsch läuft. Als ich meinem Bekannten kurz von meiner Beziehung erzählte, schaute er mich neugierig an. „Das klingt ja richtig entspannt!“ – sagte er mir. Natürlich ist das entspannt! Was sollte es auch anderes sein? Ich führe doch keine Beziehung, um mehr Stress und Sorgen in meinem Leben zu haben. Befürchte ich, dass Freunde sich in einer nicht bereichernden Beziehung befinden, stelle ich gerne einige Fragen: „Möchtest du mit diesem Menschen alt werden? Kannst du dir vorstellen, dass du niemand anderen mehr haben würdest, außer dieser einen Person? Kannst du dir vorstellen, Kinder mit dieser Person zu haben?„. Wenn auf alle diese Fragen mit „Nein!“ geantwortet wird, weiß ich nicht, was die Menschen in diesen Beziehungen hält. Ist es nicht reine Zeitverschwendung?

Junge, du vergibst gerade nur deine Lebenszeit. Ohne sie hättest du viel weniger Stress, weniger Geldsorgen, und könntest dich nach einer Frau umschauen, die dich zu schätzen weiß!“ – versuchte ich meinem Gegenüber klar zu machen. Zeit ist etwas so elementares, was man nicht verschenken sollte. Er hat eine Frau verdient, die dafür dankbar ist, einen so tollen Mann zu haben. Denn toll ist er wirklich! Bewusst ist ihm das glaube ich nicht, da er ja von seiner Freundin andere Dinge eingetrichtert bekommt. Kein Wunder, dass immer mehr Männer abstumpfen und eine emotionale Schutzmauer um sich herum errichten. Genau wegen solcher Frauen! Die sie komplett fertig machen. Nicht nur finanziell. Wie auf Trampolins springen sie auf den Gefühlen ihrer Partner umher. Ekelhaft! Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein.

Als wir gegen 1 Uhr die Bar verließen, schnappte ich mir direkt mein Smartphone. „Weißt du eigentlich, wie froh ich bin dich zu haben? Ich glaube, wir machen das schon ganz gut, dieses Beziehungsding!“ – schrieb ich meinem Freund. Man weiß erst wie gut man es hat, wenn man sieht, wie schlecht es anderen geht.

Meinem Bekannten sagte ich zum x-ten Mal, dass er sich endlich von ihr lösen soll. „Aktuell bin ich ja Single!“ – antwortete er mir. Ach stimmt ja, sie hatte ihn kurz vor unserem Treffen (mal wieder) verlassen. Dass er direkt nachdem sie die Tür hinter sich schloss, wieder auf tinder aktiv war zeigte mir, dass er sich ja schon „etwas Neues“ vorstellen konnte. Einige Tage später erkundigte ich mich, wie der aktuelle Beziehungsstatus nun aussehen würde. Irgendwie habe ich es ja schon geahnt, aber die Antwort machte mich trotzdem traurig. Natürlich war sie zurückgekommen, die „Frau seines Herzens„. Und natürlich wiederholte sie regelmäßig, was für einen tollen Mann sie da doch hätte. Klar, bis zur nächsten Trennung, bis zum nächsten Zerschmettern seines Herzens. Gefühlsmasochismus in Reinform. Das hat keiner verdient.

Da bleibt mir nur übrig, etwas zu wiederholen: Zeit ist etwas so elementares. Warum sollte man sie mit Menschen verschwenden, die einem die Lebensenergie entziehen? Raus da, aber flotti! Raus aus Beziehungen, die nur Kosten und nicht auf das Seelenwohl einzahlen.

Von der Erfahrungen Älterer profitieren – Weisheit färbt ab

Umso älter ich werde, desto erfahrener werde ich. Das bezieht sich auf Fähigkeiten, sowie auch auf Lebensansichten und „Weisheit“, wenn man davon in meinem Alter schon sprechen kann. Da reicht schon ein weiteres Lebensjahr um Dinge zu lernen, die die eigenen Augen öffnen und ein „Hätte ich das mal vorher gewusst!“ auslösen. Manchmal sind das ganz einfache Dinge, einfache Erfahrungen, die das Leben beeinflussen. „Ab 4 Bier ist mir am Folgetag schlecht“ – einfach, aber ziemlich gut zu wissen. Von solchen „einfachen“ Erfahrungen möchte ich an dieser Stelle allerdings nicht sprechen. Es geht um Sinnesfragen, Lebensfragen und Liebesfragen. Gerade wenn es einer gewissen Weisheit bedarf, halte ich mich gerne an ältere Familienmitglieder. Meine Oma ist da ein großes Vorbild für mich. Jedes seltene Mal bei dem ich die Gelegenheit habe, länger mit ihr zu sprechen, ist wertvoll. Aus solchen Gesprächen gehe ich oft mit vielen neuen Erkenntnissen und Denkansätzen, die mich im Leben weiterbringen.

Zu Weihnachten traf ich nach knapp 10 Jahren mal wieder auf meine Großtante, also die Schwester meiner Oma. Trotzdem wir uns so lange nicht gesehen hatten, bestand eine Verbindung. Ich erinnerte mich, wie ich als Kind mit ihr und meinem Großonkel einkaufen ging. Unbedingt wollte ich eine bestimmte Packung Kaugummi, die mir meine Eltern nie erlaubt hätten. Dass meine Großtante sie mir ohne Widerrede in den Einkaufswagen packte, ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Verrückt, welche Kleinigkeiten sich Kinder so merken können. Als wir uns am Heiligabend verabschiedeten versprach ich meiner Großtante, dass ich zeitnah bei ihr vorbei schauen würde. So kam es dann auch. Wir verabredeten uns zu einem Tee, und zum Reden. Als ich mich auf den Weg zu ihr machte, war ich leicht verunsichert. Würden wir einen Drat zueinander finden, oder wüssten wir nach wenigen Minuten nicht mehr, über was wir uns unterhalten könnten? Diese Bedenken waren unbegründet. Wie alle Frauen meiner Familie mütterlicherseits, ist auch meine Großtante sehr gesprächig. Mit viel leckerem Tee eingedeckt, konnte es losgehen. Ich hatte mir vorher überlegt, welche Themen ich gerne ansprechen möchte, und wo ich mich nach einem Rat erkundigen werde. So hörte ich mir die verschiedensten Liebschafts-Geschichten an, lernte so einiges über den Alltag vor knapp 50 Jahren und konnte mir so ein gutes Bild machen.

Ich ließ es mir nicht nehmen Fragen zu stellen, die mich in Bezug auf die Liebe bewegten. Vielleicht würden mir die Erfahrungen eines weiseren Menschen helfen, selbst weise zu entscheiden. „Wie merke ich denn, ob mein Partner der Richtige für mich ist?“ – fragte ich in der Hoffnung, eine klar und anwendbare Antwort zu bekommen. Doch ich lag falsch. „Ob jemand der Richtige für dich ist, das weißt du nie!“ – erhielt ich als Antwort. Menschen entwickeln sich ein ganzes Leben lang. Was 40 Jahre zusammen passte, kann nach 41 Jahren komplett entgegengesetzt laufen. Liebe hat viel mit Vernunft zu tun, mit Vernunftentscheidungen. Sich verlieben ist eine tolle Sache, aber nur weil es nicht direkt funkt heißt es nicht, dass zwei Menschen nicht zusammen passen. Man muss ein Team bilden. Aus den Erfahrungen meiner Großtante lernte ich nun, wie wichtig es ist, in eine Beziehung zu investieren. Man muss etwas „reinstecken“ um etwas „herauszubekommen“. Ebenfalls sollte man nie den Blick auf den Partner verlieren. Ich sollte den Mann als Mann sehen und ihn auch so behandeln. Genauso ist es wichtig, dass ich mich als Frau gewertgeschätzt und gut behandelt fühle. Sich nicht aus den Augen zu verlieren, ist hier die Herausforderung.

Besonders wichtig war meiner Großtante mir zu vermitteln, dass ich kommunizieren müsse. Alles muss gesagt werden, auch unangenehme Dinge. Nicht als Vorwurf, sondern als Beschreibung der Gefühle. „Ich fühle mich unwohl, wenn du dies oder das tust.„. Diese klare Kommunikation sorgt dafür, dass der Partner zu jeder Zeit weiß, was im Gegenüber vorgeht. Das klingt auf den ersten Blick einfach, ist es aber nicht. Gerade als Frau kann ich mir schwer vorstellen, dass mein Partner manche Dinge einfach nicht merkt. Männer haben anscheinend nicht so feine Antennen für Gefühle, wie wir Frauen. Kommunikation als fester Untergrund für eine Beziehung. Irgendwie scheinen wir das zu wissen, aber die wenigsten setzen es um.

Es ist inspirierend, sich mit älteren Familienmitgliedern zu unterhalten. Nicht nur über oberflächliche Dinge, sondern über tiefgründige Fragen. Daraus können sich tolle Gespräche und Erkenntnisse ergeben. Somit kann ich euch nur raten, euch mit Großeltern, Eltern, Onkel, Tanten etc. pp. zusammen zu setzen und Fragen zu stellen. Es gibt Fehler, die andere vor uns gemacht haben, welche wir nicht wiederholen müssen. Ich nehme mir solche Ratschläge sehr zu Herzen und hoffe, dass sie in meiner Beziehung auf fruchtbaren Boden fallen werden.

„Kein Mann ist gut genug für dich!“

Das menschliche Verhalten ist manchmal wirklich unergründlich. Warum  jemand handelt, wie er handelt, bleibt uns oft verborgen. Wieso wird man von jemandem geküsst, der eigentlich keine Zuneigung empfindet? Warum hält jemand Abstand, trotzdem zwischen zwei Menschen Gefühle bestehen? Das sind beispielhafte Fragen, die wir uns oft nicht beantworten können. Sogar das Einschätzen von sehr engen Freunden, kann schon mal schwer fallen. Als meine Beste mir vor einer Weile ihr Veto für meine damalige Liebelei aussprach, war ich verwundert. Wollte sie nicht, dass ich glücklich werde? Konnte sie nicht froh sein, dass ich endlich jemanden gefunden hatte, mit dem eine ernsthafte Beziehung zumindest denkbar gewesen wäre? Ich war ratlos. Bemerkte ich irgendetwas nicht? War der Kerl vielleicht total daneben, und ich übersah es nur? Doch an Silvester, mitten in der Nacht, sagte sie mir endlich ins Gesicht, was in ihrem Kopf vorging: „Ich hatte Angst, dass er dich mir wegnehmen würde.“ – da war sie endlich, da war sie, die Wahrheit! Es lag nicht an dem Kerl an sich, sondern an der Tatsache, dass eine Beziehung uns wieder ein Stück auseinander reißen würde. Das würde passieren. Egal wie viel Mühe wir uns geben würden. Ein Mann würde in welcher Art und Weise auch immer, zwischen uns stehen. Gerade wenn nur ein Part von uns in einer Beziehung wäre, würde der andere Part leiden.

Das ist schon eine kleine Urangst geworden, die hochschwappt, sobald ein interessanter Mann auftaucht. Darum vielleicht auch unser Wunsch, Brüder zu daten. Da würde die Chance bestehen, gleichzeitig in einer Beziehung zu landen, und sehr oft auch zu viert etwas unternehmen zu können. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Beste einen ernsthaften „Kandidaten“ an der Hand hätte, würde mich das vermutlich auch verunsichern. Denn dieser Mann dürfte nicht „Durchschnitt“ sein. Dieser Mann müsste perfekt sein. Ich muss schon von 500m Weite erkennen, wie sehr er meine Beste liebt. Brichst du meiner Freundin das Herz, breche ich dir die Knochen. Welch wahre Aussage! Man sagt ja, dass man nur selbst für die Auswahl eines Partners verantwortlich ist. Das stimmt jedoch nicht. Auch als beste Freundin ist man in der Pflicht zu verhindern, dass sich die Beste „vergreift“. Man versucht objektiv zu sein, und Störfaktoren direkt anzusprechen. Ob das ganze wirklich objektiv ist, wage ich zu bezweifeln.

Wenn meine Beste zum Beispiel ihren Traummann kennenlernen würde, der jedoch weit weg wohnen würde, wäre ich im ersten Moment dagegen. Allein die Vorstellung, dass sie irgendwann wegziehen würde, wäre schlimm. Vielleicht könnte man die Rolle einer besten Freundin bei der Partnerwahl, so wie die Rolle einer Schwiegermutter sehen. Im ersten Moment nett und freundlich, aber jederzeit auf der Lauer nach schlechten Angewohnheiten und Charaktereigenschaften, die wir als Gegenargument vorbringen könnten. Man muss lernen, die Freundin loszulassen, sie einfach machen zu lassen, was sie für richtig hält. Es ist ein ganz schmaler Grad zwischen Freiraum geben, und ins Verderben rennen lassen. So ein bisschen ist man doch schon Mami, wenn man den Großteil seines Lebens zusammen verbracht hat. Das ist schön, das ist gut, aber das kann auch gefährlich werden. Auf das eigene Bauchgefühl zu hören, darf man nicht verlernen. Auch wenn der ein oder andere Freund einen zukünftigen Partner vielleicht nicht als 100% passend empfindet heißt das nicht, dass man keine glückliche Beziehung führen kann. 100% passend gibt es nämlich nicht, da beißt sich die Katze in den Schwanz. Am Ende müssen sich beide Partner in einer Beziehung wohl fühlen. Toll ist es natürlich, wenn auch der Freundeskreis begeistert ist, und sich um den Partner erweitert.

Eine Pflicht ist es in meinen Augen aber nicht. Meine Beste wird immer meine Beste bleiben! Vielleicht sieht man sich nur noch einmal die Woche zum Feiern, aber irgendwann sollte man schließlich auch erwachsen werden. Ein Partner hält nicht davon ab, anstatt mehrmals feiern zu gehen, einfach mal einen Brunch zu genießen, oder einen Filmabend. Idealerweise hat auch die Beste ein „Kuscheltier“, um sich die Freundinnenfreie-Zeit zu vertreiben.  Auch wenn ich absolut nicht auf Pärchenabende stehe, stellen sie doch eine Alternative zum ausschweifenden Singleleben dar.

Meine Beste und ich sind ein Team, ein sehr gutes sogar. Sobald sich dort ein Partner dazugesellt, gilt es seinen Platz zu verteidigen und die Rollen neu zu ordnen. Das ist eine Bedrohung, das lässt sich nicht von der Hand weisen. Denkt man aber genauer darüber nach, kann jede Bedrohung auch eine Chance sein. Veränderungen sind nicht immer leicht zu akzeptieren, aber wer weiß, vielleicht macht es das Ganze nur noch besser 🙂