„Ruhiger werden“ heißt vermutlich auch nur: Erfolgreich verdrängen

Ich habe ganz tolle Leser! Das kann ich nur immer wieder betonen. Mit dem ein oder anderen hat sich eine rege „e-Mail Freundschaft“ entwickelt. Ab und zu kommt es vor, dass daraus so tolle Themen oder Aussagen entstehen, dass mir nichts anderes übrig bleibt, als diese hier etwas detaillierter zu betrachten.

Freitag Abend ist Stammkneipenabend. Wie verbrachte ich also den gestrigen Abend? Bei einem Bierchen in der Stammkneipe. Verabredet war ich mit einer guten Freundin, welche seit einigen Monaten mit einem meiner besten Freunde liiert ist. Lange hatten wir uns nicht gesehen. Dass sich unsere Welten jedoch so auseinanderentwickeln würden, hätte ich nicht erwartet.

Das Single-Leben und das Pärchen-Leben, sind so weit voneinander entfernt wie die Erde vom Mars. Während es für mich an Horror grenzt einen Samstagabend allein zu Haus zu verbringen, ist es für Pärchen absoluter Luxus Zeit zu zweit zu haben.

Mit großen Augen schaute mich meine Freundin an, als ich ihr die Erlebnisse der letzten Wochen schilderte. Dabei ist nicht einmal viel vorgefallen, der normale Single, Party, Datingkram eben. Dem gegenüber stand ein Pärchenalltag. Ihre Probleme unterschieden sich komplett von meinen. Ich konnte mich zwar irgendwie in sie hinein versetzen, aber die Ebene, die ich mit anderen Singles habe, war nicht zu erreichen. Das ist ungerecht! Man kann sich gut leiden, aber findet einfach keine Welle, auf der man zusammen schwimmen kann. Und das nur aufgrund eines blöden Beziehungsstatus. Wir machten einfach komplett unterschiedliche Erfahrungen im Leben. Sie machte die Erfahrungen, die ich auch gerne hätte.

Man könnte es auch so bezeichnen: Abenteuer gegen Alltag. Unausgewogenheit gegen Ruhe.

Eigentlich war ich der Meinung, in letzter Zeit ruhiger geworden zu sein. Ausschlaggebend ist da sicherlich das veränderte Wetter, aber auch mein schwächelndes Immunsystem tat sein übriges. Meine Gesundheit hat so langsam gemerkt, dass das, was ich im Sommer „Leben“ nannte, mich eine Unmenge an zukünftiger Lebenszeit gekostet hat. In den vergangenen 3 Wochen, war ich gefühlt 3 Mal krank. Vielleicht sollte ich einfach mal öfter mit einem Wodka desinfizieren! Nein, Spaß beiseite.

Ich gab mir nun also Mühe etwas Ruhe in mein Leben zu bringen. Öfter mal auf der Couch liegen, was Kochen, was Backen, die Zeit allein genießen. Und es klappte! Ich merkte, man muss auch mal lange Weile zulassen! Denn erst wenn man so weit zur Ruhe kommt, entsteht Boden für Neues. Neue Gedanken, neue Wünsche und neue Erkenntnisse. Lange Weile festigt, auch wenn ich das nie wahrhaben wollte.

Ich fand endlich genug Zeit und Ruhe, um mich beruflich weiterzuentwickeln. Durch meinen erhöhten Einsatz wurde ich mit einer besseren Position belohnt. Der Eindruck, dass ich ernsthaft ruhiger geworden wäre, verstärkte sich.

Nun hat ja alles Positive meist einen Haken, so auch diesmal.

Als ich nun gestern Abend nach zwei Bier den Heimweg antrat, wurde mir eine Sache schlagartig bewusst: Ich verdränge!

Seit einer Weile frage ich mich, warum ich Abende so gerne eskalieren lasse, warum ich nicht an einem gewissen Punkt aufhören kann. Manchmal sollte man einfach nach zwei Bier Schluss machen.

Doch was passiert bei mir nach diesen zwei Bier? Mein Verdrängungsmechanismus wird außer Kraft gesetzt und ich merke plötzlich, was da in mir schlummert. Dort schlummert die Sehnsucht. Dort schlummert die Einsamkeit.

Ich habe sie schön versteckt, hinter einer Tür eingeschlossen. Auf dass sie still und unauffällig irgendwo in mir drin existierten könne. Doch die zwei Bier, anscheinend der Schlüssel, ließen alles herauspurzeln.

„Jetzt jemanden, der meine Hand greift.“ „Jetzt jemanden, bei dem ich mich anlehnen kann.“ „Jetzt jemand, der mich verliebt anschaut“

Meine Gesichtszüge veränderten sich. Das in sich ruhende Lächeln wich einem traurigen Gesicht. Wie bekannt kamen mir diese Gefühle vor. Hatte ich mich nicht weiterentwickelt? Hatte ich es nicht geschafft, mir eine wahrhaftige Ruhe zu erarbeiten?

„Ruhiger werden“, heißt vermutlich auch nur: Erfolgreich verdrängen.

Pärchenkacke

Was ist eigentlich das Schlimmste, das einem im Freundeskreis passieren kann? Dass Freunde sich innerhalb des Freundeskreises „verpaaren“. Normalerweise fällt immer nur einer durch eine Beziehung weg, in diesem Fall sind es aber zwei. In meinem Freundeskreis sind jetzt zwei Pärchen entstanden, also insgesamt 4 Leute, die einfach wegfallen. Am Anfang nehmen sie sich vor, nichts an ihrem Verhalten zu ändern, aber spätestens nach ein paar Wochen, existieren sie nicht mehr im „normalen“ Leben.

Das Frechste an der ganzen Sache finde ich, dass sie mir immer das Gefühl geben, sie müssten sich um mich kümmern. Ich als einziger Single in diesem Teil des Freundeskreises, das arme Wesen, was Einladungen ablehnt, weil dort nur Pärchen rumhängen. Wie kommen Menschen darauf, dass man als Single Spaß haben könnte, wenn man nur mit Pärchen unterwegs ist? Im Club habe ich den Reflex mich neben knutschenden Paaren einfach umzudrehen und zu gehen, aber im Freundeskreis geht das nicht so einfach.

Ich freue mich, dass sie so glücklich sind, wirklich! Im Moment ertrage ich ihr Glück aber einfach nicht. Das löst in mir das Gefühl aus, dass jeder jemanden findet, nur ich stehe allein da. Aussagen wie: „Ach komm doch heute Abend mit, wir finden da schon jemanden für dich“, machen es nicht besser. Bin ich ein Problemfall? Pärchen sein könnte man fast als Krankheit bezeichnen, hat man sie einmal, will man alle anderen anstecken.

Ich kenne das alles, ich war in meiner letzten Beziehung sicherlich selbst so…hiermit ein großes Sorry an alle, die darunter gelitten haben, ich kann es jetzt absolut nachvollziehen! Man sagt ja, dass Freundschaften genau dann besonders stark sind, wenn man sich in der gleichen Lebenssituation befindet. Leider hat sich die Lebenssituation einiger Freunde relativ zeitgleich verändert, nur meine ist gleich geblieben, Dadurch gehen Freundschaften verloren, auch wenn man das nicht wahr haben möchte.

Ich müsste mich eigentlich nach anderen Freunden umsehen, ansonsten gehe ich noch total ein :/ Woran merke ich das? Es ist Ostern. 4 freie Tage…normalerweise würde man jeden Abend weggehen und Spaß haben. Was tue ich? Kurz vor 11 vorm Fernseher einschlafen. Es findet sich einfach niemand zum weggehen, soweit man nicht zum Spieleabend erscheinen will, als einziger Single.

Mein bester Freund hat sich nun ein Herz genommen und einen Abend nur für ihn und mich reserviert. Das finde ich lieb, allerdings fühlt man sich dann noch mehr als „Problemfall“ und Aussetzige.

Möglicherweise könnte ich mit der Situation besser umgehen, wenn mir diese Paare nicht gerade vorleben würden, was ich gerne hätte. Ich will das was sie haben, mit genau einer Person. Aber da ich nicht bekommen kann was ich will, ziehe ich mich zurück. Jedes Pärchen was ich sehe, zieht mich tiefer in dieses schwarze Gefühlsloch. Ich habe keinen Bock mehr auf diese ganze Pärchenkacke :/