Schmerzhafte Glaubenssätze adé – Mein Interview mit Ina Rudolph zur Methode „The Work“

Viele Glaubenssätze hatte ich mir vorab notiert, um an diesen Beispielen einen Einblick in die Methode „The Work“ zu bekommen. Fein säuberlich standen sie in mein kleines Notizbuch geschrieben. Aber wie das Leben nun mal so spielt, sollte es anders kommen.

Als „The Work“ wird eine Methodik nach Byron Katie bezeichnet, deren Ziel es ist, alte Glaubenssätze, die das eigene Leben negativ beeinflussen, zu lösen oder überhaupt erst einmal herauszufinden, was hinter dem eigenen empfundenen Leid steckt. In jedem Menschen stecken Gedanken, die dafür sorgen, dass wir nicht richtig glücklich sein können, so auch in mir. Meine Gesprächspartnerin für dieses spannende Thema war die Autorin und Schauspielerin Ina Rudolph, die schon über 17 Jahre mit „The Work“ vertraut ist und ihr Wissen in Coachings und Workshops an andere weitergibt. Sie ist Autorin verschiedener Bücher zu „The Work“.

© Urban Ruth

Die Methodik bereitete mir Schwierigkeiten – Hatte sie trotzdem eine Chance verdient?

Vor unserem Gespräch habe ich mich in „The Work“ eingearbeitet, indem ich Inas Einfach loslassen –The Work to go – Karten zur Hand nahm. Ich wollte wissen: klappt diese Methodik auch für mich? Ernüchtert musste ich jedoch feststellen, dass ich Schwierigkeiten hatte, mich in die nötige meditative Verfassung zu bringen. Ich folgte der beiliegenden Anleitung, verfiel aber zunehmend in Oberflächlichkeiten. So schnell wollte ich „The Work“ nicht aufgeben, waren mir doch viele positive Erlebnisberichte bekannt. Was tut man, wenn man nicht weiter weiß? Hilfe suchen. Ich tat dies bei „The Work“-Coach Ina Rudolph. Ina begrüßte mich mit einem offenen Lachen und ihrer einnehmenden Art, die es leicht machte, eine persönliche Verbindung aufzubauen. Das Lokal, welches sie für unser Treffen ausgesucht hatte, war gut gefüllt und zur Hälfte für eine geschlossene Gesellschaft reserviert. „Schon wieder eine Hochzeit“, meckerte ich, und setzte mich genervt. Ob das Thema Heirat ein Schmerzpunkt für mich sei, erkundigte sich Ina, während ich die Getränkekarte sichtete. Sie spürte sofort, dass sie auf der richtigen Spur war. Die Situation schrieb das Thema vor, an dem wir arbeiten sollten. Für mich kam das einem kleinen Wink des Schicksals gleich.

Mein Glaubenssatz: Er sagt mir nicht, dass ich die Eine welche bin

Am Anfang der Arbeit mit „The Work“ steht ein Glaubenssatz, ein Schmerzpunkt, den man auflösen kann und möchte. In meinem Fall war dies: „Er sagt mir nicht, dass ich die Eine welche bin“ ergo, mir fehlt der Heiratsantrag von meinem Herzblatt, auf den ich, wie viele Frauen, in den letzten Monaten zu warten anfing. Nun war es an Ina und mir, die verschiedenen Schritte von „The Work“ anzuwenden. Ich beschrieb eine kleine Episode aus unserem Beziehungsleben, wie sie auch jedes andere Paar hätte erleben können. Während ich erzählte, spürte ich, wie sich wieder Wut in mir anstaute. Mit vier Fragen versucht sich nun „The Work“ daran, mir bei der Auflösung des tief sitzenden Glaubenssatzes zu helfen. Bin ich mir wahrhaftig sicher, dass ich nicht die Eine welche für ihn bin? Wie fühlt sich dieser Schmerz für mich an? Alle 4 Fragen inkl. meiner Antworten dazu aufzuzählen würde an dieser Stelle zu weit führen.

Standpunkte verlassen, Sichtweisen hinterfragen

Einer der nächsten Schritte ist die Umkehrung, die es vereinfachen soll, die eigene Sichtweise zu verändern. Er sagt mir, dass ich die Eine welche bin – lautete meine Umkehrung. „Wie hat er dir in der beschriebenen Situation gezeigt, dass du die Eine welche für ihn bist?“, fragte Ina und erntete erst einmal ungläubige Blicke. Es dauerte einige Momente, bis ich es schaffte, meinen festgefahrenen Standpunkt zu verlassen und eine andere Perspektive einzunehmen.. War da nicht der kleine Moment, in dem er mit seinem Lächeln zeigte, dass ich mir gar keine Sorgen machen müsse? Strahlte das nicht auch seine Körperhaltung aus? Ich versetzte mich so sehr in die beschriebene Situation zurück, dass ich plötzlich viele Kleinigkeiten erkannte, die ich vorher gar nicht wahrgenommen hatte.

„The Work“ veränderte meine Perspektive

Ina lies mich jede Emotion so lange nachspüren, bis sie mir so richtig bewusst wurde. Durch gekonntes Nachfragen, nach den Regeln von „The Work“, kamen wir vom Hundertste ins Tausendste, aber auch an den Punkt, der meine Enttäuschung und meine negativen Gefühle bezüglich des fehlenden Antrags auslöste: ich suchte die Bestätigung von außen, um meine eigene Unsicherheit zu überwinden. Dass dies gar nicht nötig war, zeigte Ina mir im Laufe des Prozesses behutsam, aber nachdrücklich auf. So wie mich Ina die Situation betrachten lies, eröffnete sich mir ein ganz neues Bild über meine Beziehung, aber auch über mich. Ich fühlte mich freier, mehr bei mir, da ich erkannte, dass der Schlüssel zur Überwindung dieses Schmerzpunktes, des fehlenden Antrages, in mir selbst lag. Das ist es, was auch Ina an „The Work“ fasziniert: Jeder trägt seine Antworten in sich. Man muss sich nur auf den Weg begeben, sie zu finden. 4 Fragen, Umkehrungen… Ich weiß, der Prozess klingt im ersten Moment kompliziert. Aber keine Sorge, das ist ein bisschen wie Fahrradfahren: hat man einmal den Dreh raus, läufts 

Kann das Ergebnis den Alltagstest bestehen?

Ob unsere gemeinsame Arbeit an meinem Schmerzpunkt auch im Alltag bestand haben würde? Der Härtetest kam einige Tage später auf mich zu. Während eines Treffens mit meiner besten Freundin Katharina, dauerte es nicht lange, bis das Thema Hochzeit (mal wieder) auf den Tisch kam. Normalerweise der Moment, in dem sich in meinem Bauch alles zusammenzieht und ich spüre, wie dünnhäutig ich darauf reagiere. Ich war selbst von mir überrascht, wie locker ich das Gespräch anging. Der Berg an aufgestauten Emotionen schien wie weggeblasen, als hätte ich wieder Ordnung in mein Gefühlschaos gebracht. Ich war im Reinen mit Hochzeitskleidern, Anträgen und Brautsträußen. Ich war im Reinen mit mir.

Fazit:

© Urban Ruths

„The Work“ lebt nicht von dem überstülpen einer Wahrheit, sondern von der Ausarbeitung des eigenen Selbst. Alles was daraus entsteht, entsteht aus sich selbst. Dazu braucht es einen offenen Blick, der sich auf einen Prozess einlassen kann. Trotzdem erste Ergebnisse der Methodik schnell sichtbar sein können, ist sie nicht für die einmalige Anwendung gedacht, sondern als Wegbegleiter.

Wer wissen möchte wie genau „The Work“ funktioniert und ob es eine geeignete Möglichkeit ist, die eigenen Schmerzpunkte aufzulösen, dem lege ich Ina Rudolphs Bücher ans Herz. Sie geben einen guten Einblick in die Thematik und eröffnen die Möglichkeit „The Work“ selbstständig anzuwenden.