1 Jahr Single

1 Jahr Single sein. Dass mir das in meinem Leben noch einmal passieren könnte, wollte ich mir nicht ausmalen. 7 Jahre wog ich mich in Sicherheit, Traum von Heirat, Kindern, Familie. Vor genau einem Jahr, lies ich diesen Traum platzen. Das erste Mal so richtig auf eigenen Beinen stehen. Zu Beginn genoss ich es, tanzend durch die Wohnung zu springen, Zeug rumliegen zu lassen, nur zu kochen worauf ICH Lust hatte.

Auf der ersten Partynacht nach der Trennung warf ich gegen 2 Uhr den obligatorischen Blick auf die Bahnverbindungen nach Hause. Wie gewohnt war es, um die Zeit zu gehen, damit sich der Partner keine Sorgen machte. Es war ein Gefühl von Freiheit welches mich durchfuhr, als ich die Uhr wegsteckte und einfach weiterfeierte. Wann ich nach Hause kam, interessierte niemanden. Ob ich überhaupt nach Hause kam, interessierte niemanden.

Allein die Möglichkeit, dass ich theoretisch jemanden abschleppen konnte, brachte mich zum Grinsen. Es fühlte sich ein wenig so an, wie der Moment nach dem letzten Schultag: Frei! Man hat alle Möglichkeiten, nichts kann einen aufhalten! Beschwingt von meiner neuen Freiheit tanzte ich durch meinen Alltag, entdeckte immer wieder neue Vorteile am Single-Leben. Oft drehte ich die Musik so laut, dass mich die Nachbarn sicherlich nicht mehr singen hörten.

Meine Wandlung blieb nicht unbemerkt, meine Freundeskreis freute ich, dass ich nun endlich wieder „am Start“ war. Leider hielt diese euphorische Phase nicht lange an. Unter die tollen Momente, mischten sich immer mehr Momente der Einsamkeit. Irgendwann hatte ich oft genug in der Wohnung getanzt, oft genug Sachen rumliegen lassen, bin oft genug spät oder gar nicht nach Hause gekommen. Das Alleinsein wurde Alltag. Man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles, aber an das Einsam sein, gewöhnte ich mich nie.

Es sind nicht die Momente, in denen man alleine auf der Couch sitzt. Es sind die Momente, in denen man gerne in einem Arm liegen würde, jemanden küssen möchte und das Gefühl haben will, geliebt zu werden.

Ich stelle mir das immer wie eine Art „Liebes-Akku“ vor. Umarmungen, Küsse, zusammen einschlafen laden diesen Akku auf. Umso intensiver die Bindung zum Gegenüber ist, desto schneller läd der Akku. In vielen Phasen meines SIngledaseins, war der Akku leer, bei 0%. Und manchmal hatte ich das Gefühl, ich müsste mein Herz so langsam abschalten, es hatte einfach keinen „Saft“ mehr.

Aus der Not heraus trifft man sich öfter mit neuen Männern, geht in Clubs in die Offensive. Hat man Erfolg, läd man seinen Liebesakku kurzweilig wieder auf. Eh man es sich versieht, ist der Akku aber wieder leer, und man beginnt erneut mit der Suche nach einer „Energiequelle“.

Die Suche nach einer „Energiequelle“ hat den Platz des „Single sein genießens“ eingenommen. Logischerweise genießt man die Momente des Flirtens, Eroberns, Abschleppens. Das sind aber nur kurze Augenblicke, die in Relation zum Alltag verschwindend gering sind.

Viele Rückschläge musste ich einstecken. Ablehnung, ausgenutzt werden, all das nagt am Glauben an die Liebe. Tief im Inneren habe ich sie aber nicht verloren, die Hoffnung. Hoffnung auf einen vollen Liebes-Akku, der regelmäßig wieder aufgeladen wird.

„Man gewöhnt sich an alles!“ – mittlerweile sogar an mein Singledasein. Es geht mir oft nicht sonderlich gut, aber ich komme mit mir zurecht.

Ich glaube man braucht diese vielen Hochs und Tiefs nach einer langen Beziehung. Oft bleibt man in der Beziehung etwas stehen in der persönlichen Entwicklung. Umso größer ist der Entwicklungsschub nach einer Trennung. Man arbeitet so vieles auf, Dinge die längst an der Reihe waren. Man wird mutiger, Unternehmungslustiger und nimmt das Leben wieder in die eigene Hand. Es gibt niemanden, der einen abhält, etwas zu tun. Man macht Fehler, und lernt daraus.

Selten habe ich mich in meiner Persönlichkeit so weiterentwickelt, wie in diesem einen SIngle-Jahr. Ich habe tolle Freunde gefunden und bestehende Freundschaften gefestigt. Ich habe mich selbst mehr gefunden und gelernt was ich brauche.

So sehr ich auch manchmal unter meinem Alleinsein leide, umso mehr sehe ich, dass es richtig war, mich dieser Aufgabe zu stellen.

Was einen nicht umbringt, macht einen Härter.