I need a Hero

Man kann über Geschlechterrollen denken was man will, aber es gibt eine Eigenschaft, die ich Männern zuschreibe. Männer sind Mutig und haben ein Interesse daran, Frauen zu beschützen. Das scheint aber irgendwie meine Hollywood-Lovestory-Denke zu sein. Seitdem Frauen immer emanzipierter werden, scheinen Männer davon auszugehen, dass wir uns selbst verteidigen und beschützen können. Es schmeichelt mir, wenn jemand annimmt, dass ich in jeder Situation alleine zurecht komme. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen ich in meine Hollywood-Denke zurückfalle.

Als ich gestern Nacht in einem Parkhaus stand, vor mir ein Mann, den ich kurz vorher in einem Club kennengelernt hatte, wurde es mir bewusst. Mein Glaube an das Gute im Menschen ist ziemlich unerschütterlich. So dachte ich nicht darüber nach, wieso dieser Herr meine Hand griff und mich zum Parkhaus zog. „Was wollen wir denn hier?“, „Du wirst schon sehen, im Club war es einfach zu voll, hier ist es doch viel romantischer!“. Ein Parkhaus romantisch? Er wird schon wissen was er tut, dachte ich. Erst als ich mich auf dem Parkdeck an der Wand stehend wiederfand, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Der will vögeln! Ich schaute mich um, wie komme ich hier am schnellsten wieder raus? Er drückte mich gegen die Wand und begrabschte mich. „Ist ja nicht wirklich romantisch hier, ich geh wieder zurück“. Verdutzt schaute er mich an, hielt mich fest und faselte: „Aber Hase, du willst das doch auch. Hase, hab dich nicht so!“ . Ich stieß ihn von mir weg und lief so schnell es ging Richtung Ausgang. Er lief mir hinterher und rief: „Hase, warte doch mal, wo willst du hin?„. „Ich bin nicht dein Hase!“ erwiderte ich ängstlich. Gottseidank war er nicht mehr so schnell unterwegs, so dass ich entkommen konnte.

Es ist leider nicht die erste Situation dieser Art, die ich erleben musste. In solchen Momenten schaltet sich in meinem Hirn die „Hollywood-Denke“ an. Wenn man nur fest genug daran glaubt, kommt der Retter vorbei, der Hero, der die ganze Situation mitbekommen hat. Er zieht den Kerl weg, fragt ob es mir gut geht und nimmt mich in den Arm. Dieses Bild schwebte in meinem Kopf, als ich dort an der Wand stand. Ich muss nur fest genug daran glauben, dann wird schon jemand den Helden spielen.

Natürlich war dem nicht so. Ich war auf mich allein gestellt. Es war nicht die einzige Situation, die nach einem „Retter“ verlangte. Im Club wurde ich so oft angetatscht, von Fremden umarmt, vollgelabert etc.. Ich wehrte mich so offensichtlich, dass es hätte auffallen müssen.

Warum setzt da bei keinem Mann ein Beschützerinstinkt ein? Merken sie nicht, dass eine Frau Schutz braucht? Auch wenn wir emanzipiert sind, in manchen Situationen wünschen wir uns einen Hollywood-Prinzen, der sich vor uns wirft.

Männer scheinen sich heutzutage ihrer Rolle nicht mehr richtig bewusst zu sein. Auf dem Heimweg traf ich mit meiner Freundin auf einen Kerl, der uns im Club unvermittelt an den Hintern fasste. Wir stellten ihn zur Rede, wollten die Gründe für sein Verhalten erfahren. „Das ist doch ein Kompliment für euch, ich hatte einfach Bock drauf.“. Sollen wir Frauen so etwas wirklich als Kompliment auffassen? Ich finde das Respektlos! Er wollte einfach nicht verstehen, dass uns so etwas unangenehm ist.

Irgendwas läuft in meiner Generation gerade falsch. Männer haben ihre Rolle verloren, oder sie interpretieren sie falsch. Frauen sind, trotz Emanzipation immernoch Wesen, die beschützt werden möchten. Wir wollen uns an euch festkrallen, wenn wir Angst haben. Wir wollen unseren Kopf auf eure Brust legen, wenn uns die Welt da draußen zuviel wird.

Vermutlich werde ich meine „Hollywood-Denke“ nicht mehr loswerden und auch in einer zukünftigen, ähnlichen Situation „I need a Hero“ schreien und hoffen, dass mich jemand hört.