6 Gründe, warum ich -trotz aller Warnungen- heiraten möchte

H&M veröffentlicht seine neue Hochzeitskollektion, auf VOX läuft die Brautkleidsendung „Zwischen Tüll & Tränen“ hoch und runter. Es ist Hochzeitssaison. Sobald die Vögelchen ihren Balztanz beginnen, werden sie an den Wochenenden von lautenden Kirchenglocken begleitet. Süße Blumenmädchen streuen buntes Pflanzenwerk auf die Laufwege zweier Menschen, die den glücklichsten Tag Ihres Lebens verbringen. Sie merken schon, ich bin ein Opfer komplett romantisierter, kitschiger Vorstellungen, was den Bund der Ehe angeht.

Wie oft musste ich mir anhören, dass ein „für immer und ewig“ überholt wäre, angesichts unserer modernen Welt einfach keinen Sinn mehr mache. Dabei gibt es aus meiner Sicht so viele Gründe, für die es sich zu heiraten lohnt.

  1. Neue Seiten entdecken.

    Während der Planung einer Hochzeitsfeier lernt man den Partner auf eine ganz neue Art kennen. Märchenfeier im Schloss oder Beachparty im Strandbad – Eine Hochzeit ist etwas sehr individuelles. Sie sollte die Persönlichkeit des Paares zeigen und verdeutlichen, was diese zwei Liebenden zusammenhält. Aus einem Tag UNSEREN Tag entwickeln zu können, lässt mich allein bei der Vorstellung etwas aufgeregt werden. Welchen Geschmack sollte die Traumtorte meines Herzensmannes haben, wie stellt er sich das Ehegelübde vor, möchte er überhaupt eins? All diese Wünsche und Vorstellungen gibt es für mich an meinem Traummann zu entdecken.

  2. Ich möchte seinen Namen tragen.

    Die Emanzipation ist auf dem Vormarsch und sorgt dafür, dass althergebrachte Traditionen hinterfragt werden. Heutzutage ist es nicht mehr notwendig, den Namen des Mannes anzunehmen, schließlich soll Frau sich ein Stück Individualität bewahren. Trotzdem ist es für mich eine schöne Vorstellung, den Namen meines Herzblattes zu tragen. Er zeigt auch auf dem Papier, dass ich zu seiner Familie gehöre. Ich könnte es mir nicht vorstellen, hätte unser zukünftiger Nachwuchs einen anderen Namen als sein Vater oder seine Mutter. Wir wären schließlich eine Familie, eine Einheit, die auch gerne als solche benannt sein kann.

  3. Ein Versprechen vor mir und meiner Welt.

    Liebeserklärungen in der Öffentlichkeit sind selten geworden. Wann wird heutzutage noch vor vielen Menschen gesagt, wie sehr man eine Person liebt? Umso romantischer ist für mich das Eheversprechen, welches sich ein Paar vor Freunden und Familie gibt. Es ist wie in die Welt hinauszuschreien, dass man den Menschen gefunden hat, mit dem man den Rest seines Lebens verbringen möchte. Romantikfaktor hoch 10!

  4. Ganz Mädchen: Das Hochzeitskleid.

    Als Prinzesschen würde ich mich nicht bezeichnen, aber wenn ich die romantischen weißen Roben im Schaufenster der Brautausstatter betrachte, werde ich zum kleinen Mädchen, was sich in jungen Jahren im Faschings-Prinzessinnen-Kostüm im Kreis gedreht hat. Einmal im Leben eine sündhaft teure Komposition aus Stoff und Tüll tragen, in der ich wundervoll aussehe. Das wär’s!

  5. Der Hochzeitstanz.

    Gebt mir Musik, ich werde dazu tanzen. Schon seit vielen Jahren liebe ich es, meine Füße im Takt zu bewegen. Was könnte es schöneres geben, als meine Künste in Standard und Latein vor etwas größerem Publikum zu zeigen? Dabei dem Lieblingsmann ganz tief in die Augen blicken, da schmilzt mein Tänzerherz. Dazu braucht es keine ausgefeilte Choreographie, keinen Überraschungseffekt, sondern nur meinen Liebsten, mich und den Beat unseres Herzens.

  6. Die Hürde sich zu trennen.

    Auch die Ehe schützt vor einer Trennung nicht. Trotzdem setzt sie die Hürde, eine Liebe aufzugeben, ein Stückchen höher. Ich kenne einige Paare, die ohne Trauschein vermutlich nicht mehr zusammen wären. Durch die Ehe bekommt die Verbindung zweier Menschen eine Ernsthaftigkeit, die zum Kämpfen motiviert. Es heißt nicht umsonst: In guten wie in schlechten Zeiten.

Eine Hochzeit, sei das Konzept der Ehe auch noch so verstaubt, ist ein besonderer Moment im Leben. Ob einmalig oder nicht, diesen Tag wird man nie vergessen. Ebenso brennen sich die tiefen Emotionen ein. Ring anstecken, der erste Kuss als frisch verheiratetes Paar, eine große Party – da springt mein Romantikkompass fast aus der Fassung. Ja, auch wenn meine Vorstellungen von Hochzeit und Ehe kitschig und übertrieben klingen, ich freue mich darauf, sie am eigenen Leib erleben zu dürfen. In einem wundervollen Prinzessinnenkleid, mit einem Eheversprechen und romantischem Hochzeitstanz. Ja, ich will

Junggesellenabschied

Zu dieser Jahreszeit vergeht kein Wochenende, an dem nicht massig Junggesellen- oder Junggesellinnenabschiede durch die Straßen ziehen. Peinlich gekleidet, betrunken und irgendwie bemitleidenswert. Neulich traf ich überraschend in einem Club auf eine alte Freundin. Als Kinder hatten wir gelegentlich zusammen gespielt, weil unsere Eltern befreundet waren. Nettes Mädel! An diesem Abend konnte ich allerdings nur den Kopf schütteln. Sie feierte ihren Junggesellinnenabschied. Diese Tatsache allein reicht noch nicht für Mitleid aus. Als ich jedoch sah mit wem sie feierte, hätte ich ihr am liebsten über den Kopf gestreichelt und gesagt: „Alles wird gut!“. Sie feierte unter Anderem mit ihren Eltern. Was haben Eltern an einem solchen Abend zu suchen?

Natürlich kannte ich die beiden, was mir in dieser Situation nicht unbedingt gelegen kam. „Mensch Jule, wir haben uns ja ewig nicht gesehen! Wie geht es dir denn? Was machen deine Eltern? Hast du einen Freund?“ – Kreuzverhör unter 3 Promille – auf beiden Seiten. Ich versuchte ein freundliches Lächeln aufzusetzen und die Unterhaltung kurz zu halten „Bei mir ist alles tooootal super, Arbeit: läuft!, Leben: läuft!, Liebe: läuft!“. Dass dem gerade nicht so ist, konnte ihnen egal sein. Spätestens am nächsten Tag werden sich diese Neuigkeiten bis zu meinen Eltern getragen haben, da sollte man aufpassen, was man sagt. Lieber ein: „Ich habe deine Tochter gestern in der Disco getroffen, die war ganz schön betrunken, aber ihr gehts ansonsten super.“ als: „Ich habe deine Tochter gestern in der Disco getroffen, die war ganz schön betrunken. Ich glaube ihr geht es nicht gut, vielleicht hat sie ein Alkoholproblem? So findet sie ja auch nie einen guten Mann. Vielleicht ist sie ja lesbisch? In dem Alter kein Freund und keine Kinder, da ist doch irgendwas schief gelaufen.“ – Lächeln und thumbs up!

Abgesehen davon, dass die bald in Eheketten gelegte „Freundin“ ihre Eltern dabei hatte, durfte ich (leider) auch ihren Zukünftigen kennen lernen, Gaaaaaanz toller Typ!! Wirklich…gaaaaaanz toll! Abgesehen von dem rosa T-Shirt, den Assi-Freunden und dem Alter (irgendwas um die 40).

Du hast es echt geschafft meine Liebe, du hast den Jackpot!

Ich gehe davon aus, dass sie sich lieben, ziemlich wahrscheinlich sogar. In solchen Momenten kann ich aber nicht anders, als drei Kreuze zu machen und mir zu sagen: „Gottseidank bist du Single, du bist so ein Glückspilz, du hast noch die Wahl“.

Genau, ich habe noch die Wahl! Ich kann mich entscheiden: Beziehung, Affäre, Single sein, Lesbisch werden, ins Kloster gehen. Entscheidungen, die ich jeden Tag aufs Neue treffen kann, wenn ich das möchte.

Dieses Pärchen war genauso lange zusammen, wie ich mit meinem Ex. Ich hätte dort ebenfalls stehen können, rosa T-Shirt, alberne Verkleidung. Was hätten meine Mitmenschen gedacht? „Armes Ding, bei ihr ists nun vorbei, vorbei mit dem Rumhuren, vorbei mit langen Partys, jetzt beginnt der Ernst des Lebens.“. Ich wäre wohl glücklich gewesen, oberflächlich.

Gottseidank hatte ich trotz Beziehung die Möglichkeit mich zu entscheiden. Jeden Tag neu zu entscheiden, ob das das Leben ist, welches ich führen möchte. 7 Jahre lang habe ich die Frage mit „Ja!“ beantwortet. Vor etwas mehr als einem Jahr kam eine Häufung von „Nein!“ dazu.

Es war die richtige Antwort. „Nein!“

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Ich ließ meine Blicke durch den Club schweifen, entdeckte meine letzte Bettgeschichte, lächelte rüber und dachte: „Was ich alles verpasst hätte, wenn ich hier in Rosa meine Eheschließung gefeiert hätte.“ Es legte sich ein Lächeln auf mein Gesicht.

Alles richtig gemacht!!