„Vielleicht muss es einfach einen Knall geben“

„Vielleicht muss es einfach einen Knall geben“, das sagte der von mir sehr geschätzte Autor Michael Nast heute morgen in einem Interview des Frühstücksfernsehens. Worum ging es? „Generation Beziehungsunfähig“ und der Weg aus dieser Sackgasse. Wie finden wir wieder zu unserem „wahren“ ICH, dem ICH ohne Instagram Filter, ohne „Ich war übrigens schon hier und dort, bin super wichtig und dabei auch noch gutaussehend“? Fehlen uns Erfahrungen, die uns auf den Boden der Tatsachen zurück holen?

Ja! Ich kann das nur bestätigen. Ich war 7 Jahre in einer Beziehung, mehr oder weniger glücklich würde ich meinen. Das wäre ich bis heute, wenn es nicht diesen einen Menschen gegeben hätte, der mein „Knall“ war. Wird einem bewusst, wie endlich das Leben ist, wie zerbrechlich Glück und Zufriedenheit sind, denkt man um. Man stellt in Frage, findet Antworten. Diese Antworten passen oft nicht zur Lebensplanung, sie werfen über einen Haufen, was man vor Minuten noch als fest verwurzelt ansah. Seine Wucht bringt dich zum Wanken, wirft dich vielleicht auch um, aber wenn du aufstehst, siehst du die Welt mit anderen Augen.

Mein „Knall“ machte mich zum Single. Er sorgte dafür, dass ich mein Leben wieder in die Hand nahm. Dafür bin ich sehr dankbar. Wenn ein „Knall“ einen zum Single machen kann, dann muss das doch auch andersrum gehen. Es muss bei den anderen „Beziehungsunfähigen“ passieren, dieses eine Ereignis, welches die Lebenseinstellung verändert. Vielleicht könnten sie sich für etwas Neues öffnen, andere Menschen von einer anderen Seite betrachten.

Wie spannend wäre es, diesen „Knall“ wirklich hören zu können. Wir würden durch die Straßen laufen, gegenüber hören wir einen lauten „Rumms“, drehen uns um und lächeln. Wieder jemand, der bereit für etwas Neues ist, eine Beziehung, einen neuen Job, eine andere Lebensweise. Ich würde es am liebsten ständig knallen hören, wenn ich durch Berlin laufe. Es würde ein Rhythmus entstehen, der Rhythmus der Veränderung. Und wir würden tanzen, nicht jeder für sich, alle zusammen, individuell und doch synchron. Am Ende sitzen wir in einem Boot und wie sagte Michael so schön, eigentlich wollen wir doch alle das Gleiche 🙂

Denn es wäre nicht so wie es ist, wäre es damals nicht gewesen wie es war

Was bleibt von mir, wenn ich morgen plötzlich nicht mehr aufwache? Abgesehen von vielen digitalen Worten und Bildchen wäre das nicht viel, vermute ich. Was ich nicht weiß ist, welche Spuren ich im Leben der Anderen hinterlassen habe.  Erinnert sich überhaupt noch jemand an mich, wenn ich nicht regelmäßig etwas auf Facebook poste?

Es geht nicht nur darum was bleibt wenn wir physisch nicht mehr sind, sondern auch was passiert, wenn wir jemanden verlassen. Das ist ja nicht Deckel zu, Affe tot, denn nie geht man so ganz, zumindest nicht aus den Köpfen. Auch wenn es so schön heißt „Man sieht sich immer zweimal im Leben“, können wir nie sicher sein, dass wir eine zweite Chance bekommen. Was uns meist nicht bewusst ist: Wir bleiben in den Erinnerungen vieler Personen, auch wenn wir diese vielleicht nur einmal kurz trafen. Es gibt Begegnungen, die verändern Leben, manchmal das Eigene, manchmal das der Anderen. Warum nehmen wir das nicht wahr? Veränderungen erkennen wir am besten in uns selbst, oft nicht einmal das. Es müssen keine großen Dinge sein. Es können Zitate sein, die wir von einem anderen Menschen hören und diese ein ganzes Leben mit uns herumtragen. Sätze vor die wir zu Beginn „XY hat immer gesagt..“ setzten, werden irgendwann zu unseren eigenen. Mir persönlich wird leider erst nach einer gewissen Zeit bewusst, wie sehr mich manche Menschen doch geprägt haben. Ich habe Rituale übernommen, Eigenheiten adaptiert und teilweise sogar meine Vorlieben so weit verändert, dass ich mich in einigen Momenten gar nicht wiedererkenne.

Manchmal reicht eine kleine Tat aus, dass wir uns an einen Menschen ein Leben lang erinnern

Oft sind es Gefühle die ein Mensch in uns weckt, und die ein Leben lang in uns verwurzelt bleiben. Der erste richtige Herzschmerz, das Gefühl beschützt zu werden. Das sind nur Beispiele für Emotionen die ich mit bestimmten Menschen verbinde und die sich dadurch in mein Hirn eingebrannt haben. Leider teilen wir diesen besonderen Personen in unserem Leben viel zu selten mit, was sie in uns ausgelöst haben. Wir sollten uns bei ihnen bedanken. Bedanken bei den Menschen, die uns motiviert haben Dinge zu tun, die wir ohne sie nicht in Angriff genommen hätten. Bedanken für die Lebenserfahrungen, die sie uns beschert haben, seien sie positiv oder negativ. Diese Menschen sollten wissen welchen wichtigen Stellenwert sie in unserem Leben haben. Es kann eine Kleinigkeit sein, die wir nicht vergessen können. Eine Tat reicht manchmal aus, damit wir uns ein Leben lang an einen Menschen erinnern.

Sagt Danke

Ich habe mir vorgenommen viel öfter für solche Kleinigkeiten Danke zu sagen. Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht euch bei jemandem zu bedanken, der euch sehr weh getan hat? Was im ersten Moment dämlich erscheint, ist auf den zweiten Blick mehr als sinnvoll. „Denn es wäre nicht so wie es ist, wäre es damals nicht gewesen wie es war…„, schrieb einmal ein Freund, mit dem ich mich sehr verbunden fühle. Und er hatte Recht. Auch wenn wir uns manchmal wünschen einen bestimmten Menschen nie kennengelernt zu haben, hat er uns doch dorthin gebracht, wo wir uns heute befinden. Ihr würdet zum Beispiel diese Worte nicht lesen, wenn mir vor zwei Jahren  mein kleines Herzchen nicht sprichwörtlich in 1000 Teile zerbrochen wäre.

Ein Appell: Denkt darüber nach, wer euch auf eurem Lebensweg beeinflusst und beeindruckt hat. Wer hat etwas in euch verändert? Und dann sagt danke! Am Ende bleibt nicht viel, aber die Gewissheit etwas in anderen Menschen zum Positiven verändert zu haben, ist wunderbar.