Brief an mein Singledasein

Sonderlich gemocht habe ich mein Singledasein nicht. Die ständige Einsamkeit verhagelte mir sogar die positiven Seiten der Beziehungslosigkeit. Ich versöhne mich trotzdem mit dir liebes Single-Leben.

Liebes Singledasein,

hier stehen wir nun, Angesicht zu Angesicht. Ich, glücklich mit einem tollen Mann an meiner Seite. Du, allein, aber mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Das was uns trennt ist der Beziehungsstatus, um welchen heutzutage so eine Welle gemacht wird. Schaue ich auf deine Seite, erblicke ich einen kleinen Raum, der nur schwach ausgeleuchtet ist. Auf dem Boden liegt eine Schicht Konfetti, die anscheinend von der letzten Party übrig geblieben ist. Es haben sich auch einige Flaschen auf den kleinen Tisch neben dir verirrt. Wodka, Gin und andere Leckereien türmen sich dort, wo bei mir nur die Fernbedienung liegt. Das Bett, welches den größten Teil des Raumes einnimmt, ist natürlich nicht gemacht. Wen interessiert es schon, wo das Licht doch sowieso so schummerig ist, dass ich kaum erkennen kann, ob sich dort jemand unter der Bettdecke versteckt. Je länger ich dich betrachte liebes Singlesdasein, desto mehr erkenne ich: gut siehst du aus! Das Röckchen steht dir, die Stiefel dazu lassen dich schlank aussehen. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass du viel besser in Form bist als ich. Wie machst du das nur? Jaja ich weiß, wer öfter kocht, isst auch mehr. Das hat mir meine Waage auch schon mitgeteilt. Sich am Wochenende nur von einem Gin/Mate-Mix zu ernähren, war zumindest figurtechnisch nicht die schlechteste Idee. Auch geschmacklich war da mal mehr los, oder? Alkoholfreies Bier ist zwar gut gegen das Durchhängen am nächsten Tag, aber ein Ersatz für einen Gin Tonic ist es nicht.

In deinen Augen sehe ich Einsamkeit

Weißt du eigentlich, welcher Tag der Schönste der Woche ist? Nein, es ist nicht der Freitag, an dem das Partytier noch fit, und die Beine tanzwillig waren. Es ist der Sonntag. Genau, dieser Tag, den du sonst nur verschwommen wahrgenommen hast, als Tag zwischen: mir geht’s super und ich kann langsam wieder mit meiner Umwelt agieren. Spaziergänge, Putzaktionen oder ein Kinobesuch, ein Sonntag ist Luxus, wenn man ihn nicht mit einem Kater füllt. Ich gebe zu, so ein ganzer Tag im Bett hat seinen Reiz. Aber den ganzen Tag dort allein verbringen? Darauf kann ich ab sofort verzichten. So sehr du mich auch anstrahlen magst liebes Singledasein, das was ich in deinen Augen sehe, kannst du nicht verstecken. Ich sehe Einsamkeit. Zwischen all den Konfettibergen, Flaschen und verschlafenen Sonntagen, haben sich kleine Pfützen gebildet. Wie kleine Teiche umringen sie dich und dein aufregendes Singleleben. Wer nach außen hin strahlt, ist noch lange nicht glücklich. Du warst es nicht. Jede legendäre Nacht, hatte ein böses Erwachen, sobald du den Kopfschmerz spürtest und dort niemand war, der dir hätte eine Schmerztablette reichen können. In diesen Momenten hätte ich mich am liebsten an dein Bett gesetzt, dir über das Haar gestreichelt und gesagt: Hab Geduld.

Es gibt da jemanden, der mir die Hand reicht, wenn du an mir zerrst

Manchmal vermisse ich dich, liebes Singledasein. Und was tust du? Du machst dir gerne einen Spaß daraus und versuchst mich, wenn ich einen Moment nicht hinschaue, auf deine Seite zu ziehen. Du lockst mich mit Konfetti und bestichst mich mit Gin Tonic, gemeines Ding du. Doch gegen Glück kommst du nicht an. Es gibt da jemanden, der mir die Hand reicht, wenn du wieder an mir zerrst. Ich sollte euch beide einander vorstellen. Ich glaube, du würdest ihn mögen. Weißt du was, ich finde es gut, regelmäßig zu dir rüber zu sehen. Manchmal, wenn du nicht hinsiehst, klaue ich mir eine Hand voll Konfetti, und verteile es auf meinem Sofa. So unbunt ist es gar nicht auf meiner Seite, du musst nur etwas genauer hinsehen. Ich finde es schön, dass du da bist liebes Singleleben, auch wenn ich dich nur noch mit Distanz betrachte. Wer weiß, vielleicht schubst mich der Mann an meiner Seite mal wieder zu dir rüber? Ich weiß du würdest mich mit offenen Armen empfangen, mich mit Konfetti bewerfen und mir einen Gin Tonic reichen. Danke, dass es dich gibt liebes Singledasein

Ich habe das Gefühl, jetzt einen Stempel auf der Stirn zu haben „Vergeben, gehört nicht mehr dazu“

Wenn man eine Weile Single ist, beginnt man sich eine Beziehung irgendwie zu „romantisieren“. Die Sehnsucht nach Zweisamkeit sorgt dafür, dass ein Partner als „rettendes Ufer“ angesehen wird. Ist man frisch Single, hält man sich oft noch an die Werte und Vorstellungen der vorherigen Beziehung. So ging es auch mir. Kurz nachdem ich getrennt war, suchte ich unbewusst genau nach dem, was ich davor hatte. Eine feste Bindung, Verlässlichkeit und vor allem Sicherheit. Dass das mit diesen Vorstellungen nicht geklappt hat, wundert mich heute wenig. Es braucht Zeit. Zeit um sich selbst weiterzuentwickeln, herauszufinden wer man ist und vor allem: Wen man sucht. Es ist spannend, wie sich der eigene Blick auf Beziehungen, Liebe und Single sein verändert, wenn sich die Lebenssituation verändert. Hätte mich jemand vor einem Monat gefragt, wie ich das Leben sehe, hätte ich anders geantwortet, als heute. Bis vor kurzem war ich so in meinen „Suchmodus“ vertieft, dass sich meine Vorstellungen und Wünsche ziemlich verändert haben. Trotzdem ich mich nach einer Beziehung sehnte, stand für mich der Spaß an erster Stelle. Was erleben, Erfahrungen machen. Es waren die Momente, an die man sich auch noch in 50 Jahren erinnert, die mir das allein sein versüßten. So sehr ich auch unter dem Single-Dasein gelitten habe, so sehr konnte ich es auch als Luxus verbuchen.

Der harte Cut zwischen Single und Beziehung, ist schwieriger als gedacht. Wie sagte es eine Freundin so schön, die sich schon eine Weile in einer Beziehung befindet: „Was meinst du, was das für eine Umstellung für mich war? Erstmal Vertrauen fassen. Das Gefühl bekommen, sich auf den anderen verlassen zu können.„. So hatte ich es damals gar nicht wahrgenommen, als die beiden zusammen kamen. Ich dachte, die sind nun glücklich und ab dem Zeitpunkt der Beziehungsdefinition, passt das schon. So war es zumindest in jungen Jahren, soweit ich mich erinnere. Da musste ich mich nicht großartig umgewöhnen. Man war zusammen und dann war das eben so. Keine großen Gedanken, keine Zweifel. Muss das entspannt gewesen sein! Da ist es für mich auf einmal auch verständlich, warum sich viele als „Mingles“ bezeichnen. Sich nicht festzulegen, birgt schon einen gewissen Reiz. Man entgeht den vielen Gedanken, Fragen und Zweifeln.

Von der Entspannung, wie ich sie in jungen Jahren erlebt habe, kann ich aktuell leider gar nicht sprechen. Klar, ich befinde mich in einer Beziehung. Das war das Ziel, das war das „rettende Ufer“, nachdem ich immer Ausschau gehalten hatte. Womit ich nicht gerechnet hatte, waren meine „Anpassungsschwierigkeiten“. Umso älter man wird, desto schwieriger fällt es, sich zu verändern. God damn, yes! Der erste Momente des Glücks den ich empfand, als nun endlich die Definition als Paar ausgesprochen wurde, verflog schnell. Er wurde abgelöst von der immer wiederkehrenden Gedankenspirale. „Was erwartet er von einer Beziehung? Was erwartet er von mir? Können wir unsere Leben aneinander anpassen? Haben wir eine Zukunftsperspektive?„…etc. pp. All diese Fragen rotieren in meinem Kopf. Ich soll nicht so viel planen, sagte mein Freund zu mir. Manche Dinge, kann man einfach nicht planen, da muss man einfach schauen, was passiert. Und das fällt mir verdammt schwer! Durch die viele Denkerei will ich jetzt schon feststellen, ob das eine Sache „für immer und ewig“ werden kann. Klar geht das nicht, aber sagt das mal meinem Hirn.

Mit diesen Gedanken bin ich den „Pärchen-Freunden“ plötzlich viel näher, als ich es vermutet hätte. Die können das nämlich sehr gut nachvollziehen. Der Single-Freundeskreis hingegen, tut sich da schwer. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, jetzt einen Stempel auf der Stirn zu haben „Vergeben, gehört nicht mehr dazu„. Vermutlich fällt auch ihnen die Umstellung schwer. Dabei hat sich absolut nichts geändert. Ich bin weiterhin am Wochenende feiern, gehe weiterhin gerne mal auf ein Bier aus, und hab auch weiterhin Zeit. Wenn ich genauer darüber nachdenke, habe ich aber schon ähnlich gehandelt. Seitdem ein guter Freund vergeben ist, sehen wir uns fast gar nicht mehr. Zu Beginn habe ich ihn aus Gewohnheit immer noch gefragt, ob er Abends mitkommen mag. Aber mit jeder Absage, reduzierte sich das. Aus Single-Sicht, ist der Herr komplett in seiner Beziehung verschwunden. Aber wer weiß, vielleicht fühlt auch er sich wie „abgestempelt“?

Single sein, in einer Beziehung sein, das ist einfach zu verschieden. Ein Single ist gerne unter Singles, ein Pärchen gerne unter Pärchen. Einfach weil die Interessen irgendwann zu sehr auseinander gehen. Doch das will ich nicht! Nur weil ich Abends nicht mehr mit dem Ziel weggehe, jemanden abzuschleppen, kann ich trotzdem bis morgen um 7 Uhr tanzen. Ich will mein Leben nicht ändern. Ich streiche bloß die Anbandelungen mit Männern weg und ersetze diese durch meinen Freund.