Willkommen im #EGOLAND – Michael Nast in Berlin

1, 2, 3, 4, 5, es war tatsächlich schon meine 5. Michael Nast Lesung, die ich am 26.05. in Berlin besuchte. Was vor knapp 4 Jahren noch am anderen Ende von Berlin in einem kleinen Club mit gerade einmal 50 Gästen begann, war nun ein fast komplett gefüllter UdK-Konzertsaal. An meiner Seite hatte ich zu meiner großen Freude den Mann, den ich durch unser gemeinsames Interesse für Nasts Buch “Ist das Liebe, oder kann das weg?” vor einigen Jahren kennenlernte. Mathias, der gerade braungebrannt aus dem Urlaub zurück war, stimmte mir zu, dass Nasts Lesungen mit zunehmender Größe leider auch an Flair verloren hatten. Umso gespannter waren wir, ob Nast wieder zu alter Höchstform auflaufen würde, trotz der vielen Menschen im Publikum.

Hatte ich ein anderes #EGOLAND im Bücherregal zu stehen?

Als wir den Vorplatz der UdK-Berlin gegen 19 Uhr betraten, war direkt zu erkennen, welche Zielgruppe Nast mit seinem aktuellen Roman #EGOLAND erreichte: hauptsächlich weiblich zwischen 18 und 35. Interessanterweise war der Altersdurchschnitt dieser Lesung höher, als ich es die letzten Male gewohnt war, was vermutlich an der erhöhten Zahl von Müttern lag, die ihre Töchter begleiteten. Unter tosendem Applaus betrat Nast die Bühne, auf der er etwas verloren aussah. Technische Probleme sorgten dafür, dass die ersten Minuten der Veranstaltung durch Gelächter geprägt waren. Generell hatte ich das Gefühl, dass im Vorfeld der Lesung einiges an Bier, Sekt und Wein geflossen sein muss. Anders kann ich mir die Reaktionen des Publikums kaum erklären. Auffallend lautes lachen, fast schon Ekstase füllten den Saal. Ob das der Grund dafür war, dass ich mich während der ersten gelesenen Texte fragte, ob ich ein anderes #EGOLAND im Bücherregal stehen hatte, als Nast auf seinem Lesungstisch? Die Auswahl der Texte und die auffallend humoröse Betonung vieler Textpassagen durch Nast führte dazu, dass #EGOLAND sich eher als Komödie inszenierte. In einigen Momenten dachte ich sogar, Michael Nast würde sein eigenes Werk nicht ernst nehmen.

Was #EGOLAND wirklich ausmachte, bewegte niemanden

Die erheiterte Stimmung legte sich jedoch schnell, als Nast sich einigen Texten widmete, die nicht für sich standen, Kolumnenartig, wie es schon “Generation Beziehungunfähig” vormachte, sondern die Geschichte von #EGOLAND vorantrieben. Plötzlich veränderten sich die Gesichter um mich herum. Die Köpfe senkten sich und begannen Instagram zu checken, Nachrichten zu lesen oder das ein oder andere Foto zu bearbeiten. Es schien so, als wäre der Saal nicht an der Geschichte hinter #EGOLAND interessiert, sondern nur an Nast und seinem Talent offensichtliche Dinge mit den passenden Worten aufs Papier zu bringen. Aufmerksam war das Publikum nur, wenn er zu dieser Stärke zurückfand. Wenn es um ihn ging, den Menschen Michael Nast, hingen die Damen an seinen Lippen. Was die anderen erfundenen Figuren in #EGOLAND ausmachte, bewegte keinen so richtig.

Fazit

Das, was ich an Michael Nasts Lesungen seit Jahren schätze, ein Gefühl von Erkenntnis, einen emotionalen Nachhall, der mich auf meinem Nachhauseweg begleitet, fehlte mir. Trotzdem die Texte aus #EGOLAND als Lesung interessanterweise besser funktionieren, als ich gedacht hätte, ging ich mit einem zweigeteilten Gefühl aus dem Saal. Wenige Momente, die mich mitrissen, einige Momente, die mir gleichgültig waren. Es lag nicht an Nast, es lag nicht am Publikum, es lag an mir. Ich konnte, auch wenn ich #EGOLAND vorab gelesen hatte, keine Verbindung zum Roman aufbauen. Das Einzige, was #EGOLAND schon während des Lesens mit mir machte, hielt sich auch während der Veranstaltung konsequent: der immer stärker werdende Durst nach Alkohol. Es war das, was ich am meisten brauchte, nachdem Nast die Bühne verließ: ein eiskaltes Bier, und dann noch eins.

Buchpremiere zu „Generation Beziehungsunfähig“ – Michael Nast verzaubert Berlin

Lange hatte ich darauf gewartet, gestern war es endlich soweit: Michael Nasts Buchpremiere zu „Generation Beziehungsunfähig“, stand vor der Tür. Ich hatte mich natürlich schon vorbereitet, und mein selbst gestaltetes Fanshirt angezogen.

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Der Michael Nast Virus

Zur Lesung begleitet wurde ich von drei männlichen Freunden, welche ich schon vor einiger Zeit mit dem „Michael Nast-Virus“ infiziert hatte. Es war klar, dass sie dort zur Minderheit gehören würden. Männer, die Michaels Texte lasen, waren eher rar. Kurz nach 18 Uhr trafen wir an der UdK Berlin ein. Eine tolle Location! Im Vorraum war genug Platz und es konnte sich mit Büchern und Getränken versorgt werden. Gerade als wir auf dem Weg zum Getränkestand waren, positionierte sich ein Kamerateam vor unserer Nase. Anscheinend schien ich durch mein Fanshirt prädestiniert dafür zu sein, mal ein paar Worte zum Michael zu sagen. Keine Ahnung, wann und wo das mal im TV zu sehen ist. Wenn ich ehrlich bin, muss ich es mir nicht anschauen, im Fernsehen sieht man ja immer so unvorteilhaft aus 😉 Langsam füllte sich der Saal und die Vorfreude stieg ins unermessliche. Die UdK als Location zu wählen, war eine tolle Idee! Die Akustik war top und sogar die Sitze waren bequem.

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Ein Paradies für Singlemänner

Über das Publikum kann man folgendes sagen: 80% junge Frauen, 20% Männer. Es waren mehr Männer anwesend als sonst, meist allerdings in weiblicher Begleitung. Wie viele davon „gezwungen“ wurden, kann ich leider nicht sagen. Die Masse an jungen Damen motivierte einen meiner Freunde, im Saal direkt tinder anzuschmeißen. Ob er vor Ort Erfolg hatte, weiß ich leider nicht. Alles in Allem war diese Lesung ein Paradies für Singlemänner! Hätte Mann es drauf angelegt, wären sicherlich einige Handynummern dabei rausgesprungen.

Kurz nach 20 Uhr betrat ein Herr die Bühne, der augenscheinlich nicht Herr Nast war. Es handelte sich um seinen Verleger, welcher ein paar einleitende Worte fand. „Generation Beziehungsunfähig“ befindet sich aktuell auf Platz 1 der Amazon Bestsellerliste! Außerdem ist es im Moment vergriffen, und muss nachgedruckt werden. Respekt! Nach diesen interessanten Infos, konnte es dann auch schon losgehen. Michael betrat unter tosendem Applaus die Bühne. Auf seinem Tisch befand sich wie immer das obligatorische Bier, welches aber erst später geöffnet werden würde. Ich habe schon mehrere Lesungen von Michael besucht und bemerkte schnell, dass heute etwas anders war. Der sonst so selbstsichere Michael Nast war nervös. Dazu kam, dass mit seinem Stuhl etwas nicht in Ordnung war und er somit direkt am Anfang der Lesung „ins Wanken“ geriet. Normalerweise immer zu Späßen aufgelegt, zog er diesmal sein Programm relativ strikt durch. Es gab wenig persönliche Einwürfe. Wer sollte ihm das verübeln? Da saßen 1400 Menschen vor ihm, die ihn mit großen Augen anstarrten. Dass er überhaupt so Pannenfrei durch die Lesung kam, hat Respekt verdient.

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Eine Weiterbildung in Sachen Liebe und Gesellschaft

Die Textauswahl war sehr gelungen. Nachdenkliche Texte wurden von amüsanten Texten abgelöst. Das Publikum ließ sich komplett auf Michaels Zeilen ein, und reagierte passend. Schallendes Lachen wechselte sich mit stillen Momenten ab, in denen man eine Nadel hätte fallen hören können. Das ist genau die Stimmung, die ich auf Michaels Lesungen so schätze. Man hat das Gefühl, dass sich in den Köpfen der Zuhörer wirklich etwas bewegt. Ich merkte es daran, dass meine Begleitung neben mir ganz unbewusst anfing zu nicken. Besonders tiefgründige Textpassagen wurden mit einem nachdenklichen „Hm…“ kommentiert. Es ist nicht einfach nur Berieselung, die auf Michaels Lesungen stattfindet, es ist eher eine Weiterbildung in Sachen Liebe und Gesellschaft.

Nachhall im Kopf

Sehr gefreut habe ich mich über einen Einwurf, den Michael am Ende der Lesung machte. Er würde den Abend mit dem Text „Der neue Mann“ beenden, da es am Ende einen gewissen „Nachhall“ im Kopf der Zuhörer braucht. Genau das, hatte ich ihm vor knapp einem Jahr mit auf den Weg gegeben, kurz bevor er eine Lesung in einem Berliner Hotel hatte. Mir persönlich ist es wichtig, dass man nachdenklich aus so einer Veranstaltung geht, dass sich etwas bewegt im Kopf. Das hat er erreicht! Auch wenn es durch die Massen an Menschen bedingt, eher unpersönlich war, hat es sich trotzdem gelohnt. Ich hoffe, dass es demnächst auch in Berlin wieder kleinere Lesungen geben wird! Es sind einfach viel mehr Emotionen die rüber kommen, wenn anstatt von 1400 Leuten, nur 200 oder 300 Leute im Raum sitzen. Aufgrund der Menschenmassen, habe ich es diesmal auch gelassen, mich für eine Signatur anzustellen. Diese Art der Massenabfertigung, ist nicht mein Ding. Ich schätze den persönlichen Kontakt zu Michael sehr, und möchte nicht für drei Sekunden und eine Unterschrift durchgereicht werden.

Michael Nast hat es geschafft

Als ich auf dem Heimweg meine Freunde fragte, wie sie die Lesung empfanden, schlug mir Begeisterung entgegen. Für zwei von ihnen war es der erste Liveauftritt von Michael. Ebenfalls kannten sie keinen der gelesenen Texte. Sie waren also relativ unbedarft und ließen sich auf diesen Abend ein. Einen Daumen nach oben, ein „es war wirklich ganz, ganz toll!“, so soll das sein! Das sogar von Männern zu hören zeigt, Michaels Texte sind mitnichten nur für die Damenwelt geeignet! Er erreicht eine so breite Zielgruppe, dass ich meinen Wunsch nach kleineren Lesungen, wohl begraben kann. Aber damit kann ich leben! Michael hat den großen Sprung geschafft. Vom eher unbekannten Kolumnisten, zu einem der gefragtesten Autoren Deutschlands. Hut ab, er hat es sich verdient.

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(Foto: Jan Grewe)

Ein bisschen weniger „Berlin Tag und Nacht“ dafür bitte mehr Erkenntnis

Michael Nast im Astra Kulturhaus, sozusagen bei mir um die Ecke. Das konnte ich mir als bekennenden Nast Fan natürlich nicht entgehen lassen. Doch wo blieb die Erkenntnis?

Es ist schon fast ein Jahr her, dass ich die erste Lesung von Michael Nast besuchte. Damals war er noch nicht so bekannt wie heute, somit war die Lesung kleiner gehalten und sehr „kuschelig“. Jetzt, ein Jahr später, haben sich Michaels Lesungen schon fast zu „Massenveranstaltungen“ entwickelt. Ich weiß nicht, wie viele Menschen sich gestern im Astra Kulturhaus in Berlin zusammengefunden hatten, aber es waren so einige!

Michaels Texte habe eine magische Anziehungskraft auf Frauen

Woran merkt Frau, dass verhältnismäßig viele Frauen anwesend sind? An der Schlange vor den Toiletten!! Schon nachdem erst ca. 20 % des Saales gefüllt waren, musste ich mich in eine lange Schlange einreihen, um das vorher getrunkene Bier los zu werden. Michaels Texte scheinen eine magische Anziehungskraft auf hübsche Frauen zu haben, oder ist es vielleicht Michael selbst, der als „Attraktion“ dient? In meinem Fall ist es die Person „Michael Nast“, die mich zur Lesung treibt. Seine Texte kenne ich alle, teilweise könnte ich sie schon fast mitsprechen. Es hat etwas heimisches, wenn ich sie höre. Denn dann ist es nicht meine Gedankenstimme, welche die richtige Betonung sucht, sondern der Autor selbst. Am Rande lässt Michael immer ein paar amüsante Geschichten einfließen, die den Saal in kurzen Abständen zum Applaudieren bringen.

Es fehlte der Nachhall

Auf der gestrigen Lesung fehlte mir allerdings leider das typische nachdenkliche Gefühl, mit dem man auch gute Kinofilme verlässt. Man ist noch nicht ganz in der Realität angekommen, hat in seinem Kopf aber neue Erkenntnisse und Sichtweisen, die es zu verarbeiten gilt. Dieses Gefühl stellte sich sonst immer bei Michaels Lesungen ein. Diesmal leider nicht. Ich glaube es war die Auswahl an Texten, die den Funken nicht zünden ließ. Ein Text über Berlin im Vergleich zur Fernsehsendung „Berlin Tag und Nacht“, sehr amüsant, aber mein Herz wurde nicht erreicht. Ich verstand die Intention dieses Textes, aber es war nichts, was ich daraus lernen konnte, oder was mich zum Nachdenken brachte. Der Text über den größten Streitpunkt einer Beziehung, den Haushalt, war amüsant wie eh und je, aber auch das kriegte mich nicht.

„Fatale Fehler beim ersten Date“ war ebenfalls zum Schmunzeln, da ich aber selbst lange kein wirklich „ernsthaft“ geplantes erstes Date hatte, blieben mir nur die bekannten Lacher. „Ich nehm auch die hässlichere“ ist ein wunderbarer Text. Es geht um zwei Männer, die auf „Beutefang“ sind. Hier fand ich mich wieder. Allerdings nicht als Beute, sondern als Jäger. Was Michael dort beschrieb, den scannenden Blick beim Betreten eines Clubs und das „Erlegen“ der Beute, ist mir sehr gut bekannt. Genau so praktiziere ich das mit meiner besten Freundin. Sobald wir uns ins Nachtleben stürzen, haben wir ein Ziel: potenzielle „Kandidaten“ finden, observieren und irgendwann erlegen. So sehr ich mich auch identifizieren konnte, fehlte auch diesem Text der gewisse „Nachhall“, den ich so gerne habe auf Michaels Lesungen.

Nasts Lesungen bleiben trotzdem ein Highlight

Ich tausche gerne den ein oder anderen Lacher gegen ein Gefühl der Erkenntnis und Nachdenklichkeit. Michaels Lesungen sind und bleiben ein Highlight! Aber fürs nächste Mal wünsche ich mir weniger stereotypes „Berlin Tag und Nacht“ und mehr Tiefgang. Trotzdem bleibt „Ist das Liebe, oder kann das weg?“ eines meiner absoluten Lieblingsbücher! Ich könnte Wetten eingehen, dass Michaels neuer Roman „Generation Beziehungsunfähig“ (erscheint am 15.02.2016), mich noch mehr in seinen Bann ziehen wird.

Michael, du bist und bleibst einer meiner liebsten  Autoren dieses Planeten 😉

Update: Hier ein kleiner Bericht der Buchpremiere von Michael Nast „Generation Beziehungsunfähig“